Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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halten, das Ansehen des Parlaments. Die entgegengesetzte An- 
sicht, die auch von Juristen vertreten wird?”, kann demnach als 
reine Willensentscheidung nicht gebilligt werden. 
II. Verletzungen der Redeordnung. 
$ 13. Begriff der Redeordnung. 
Unter Redeordnung ist nicht etwa die Reihenfolge zu ver- 
stehen, nach der die einzelnen Reden gehalten werden, sondern in 
Anlehnung an die oben gegebene Definition von der parlamen- 
tarischen Ordnung, die Gesamtheit der Normen, deren Befolgung 
als Vorbedingung einer sachgemäßen Behandlung des Gegenstands 
der Verhandlung gilt. Die Verstöße dagegen können Abschwei- 
fungen vom Thema und Ordnungswidrigkeiten sein. Letztere 
finden sich daher in den Geschäftsordnungen auch häufig unter 
dem Rubrum „Redeordnung“. Logisch aber kann, wenn der Un- 
terschied zwischen der Verletzung der Redeordnung und der der 
parlamentarischen Ordnung nicht verwirrt werden soll, diese Le- 
galordnung nicht gebilligt werden. Beide verhalten sich zuein- 
ander wie das Besondere zum Allgemeinen. Denn die Redeord- 
nung ist gegenüber dem das gesamte innerparlamentarische Leben 
umfassenden Begriff der parlamentarischen Ordnung der engere 
Begriff”. Daher ist für einen aktiven Abgeordneten ein Verstoß 
ersterer Art immer eine Abschweifung vom Thema, sei es, daß 
s76 StRanz DJZ. 1910 574; v. Bar im Recht 1912 306. Wie hier auch 
Graf Tısza, Pester Lloyd v. 18. VII. 1912 Morgenbl. S. 6 Sp. 1. Die bis- 
herige Entwicklung hat dem Grafen nicht Recht gegeben, der die Würde 
des Parlaments, „das bis zur letzten Stufe der Geringschätzung, der Miß- 
achtung herabgesunken war“, mit einem Schlag wiederhergestellt hatte, 
da Mitte September 1912, im Frühjahr und November 1913 die sinnlose 
Obstruktion sie von neuem aufs heftigste angegriffen hat. 
377 Dieser fällt somit unter den der parlamentarischen Ordnung, ist ihm 
gegenüber aber immerhin in gewissem Sinn selbständig, so daß die Ver- 
stöße gegen beide, wie es hier geschieht, nebeneinander behandelt werden 
dürfen. Vgl. zum Text auch Perkus 95 N. 532.
	        
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