Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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kommenden Mitteln und Befugnissen. Der Präsident setzt die 
Tagesordnung fest, erteilt das Wort, eröffnet und schließt die 
Sitzung, er verhängt Disziplinarstrafen oder veranlaßt das Parla- 
ment dies zu tun. Die rechtliche Beurteilung dieser Kompeten- 
zen scheidet sich demnach in zwei Gruppen. Die eine umfaßt 
nur verwaltende, die andere aber richterliche Funktionen. Für 
beide gilt daher dasselbe wie für Verwaltung und Recht- 
sprechung ®’?®, 
Die Rechtspreehung ist eine staatliche Tätigkeit zum Schutz 
des gesamten Rechts 2°. Ihr vornehmstes Mittel ist das Urteil. 
Dieses ist ein „Schluß, mit welchem ausgesprochen wird, daß 
ein konkreter Tatbestand den Anwendungsfall einer abstrakten 
Rechtsnorm bildet“ 2%, und zwar ein Schluß mit befehlendem 
Inhalt. Die Funktion besteht also vor Erlaß jenes Befehls 
in der „Subsumtion eines gegebenen Tatbestandes unter das geltende 
Recht“ 2%. Das ist eine rein logische, vom Willen unabhängige 
Tätigkeit; der Richter ist dabei dem geltenden Recht unterworfen 
(4VG. $ 1), nur bei der Beurteilung des Tatbestands ist er frei 2%, 
Unter Urteilen ist demnach zweierlei zu verstehen: 1. im 
Sinn der Logik ist es „die Vorstellung der Einheit des Bewußt- 
seins verschiedener Vorstellungen“ (KAnT, Logik II 817); 2. im 
399° Aus der neuesten Literatur sei hier auf FRIEDR. STEIN Grenzen 
usw. (s. o. Note 339) verwiesen, besonders 8. 1/5. 
#00 JELLINER allgStL. 773. 
401 BERNATZIK, Rechtsprechung und materielle Rechtskraft 1886 (zit. 
BERNATZIK) 8. 
402 Auch das Feststellungsurteil gehört hierher; vgl. LABAnD III 352. 
408 Ders. II 178. 
#4 Wo das Gesetz Lücken hat, ist eine vom Willen unabhängige Tä- 
tigkeit nur noch schwer vorstellbar. (Man denke nur an den bei jeder 
Sonderbestimmung auftretenden Streit, ob Analogie oder argumentum 
a contrario geboten ist. Das letzte ist freilich heut noch schulmäßig herr- 
schend, allerdings nicht zum Vorteil der Weiterentwicklung.) Hier beginnt 
das Gebiet der Willensentscheidungen, eine Tatsache, die auch bereits vor 
der Freirechtsschule bekannt war. 
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