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In Frankreich (II, $S$ 120, 128 IL, III s. o. S. 510) und jetzt auch
in Ungarn wird die Diätenentziehung tatsächlich als Strafe be-
nutzt. In Ungarn (II, $ 254) lautet, wie bereits erwähnt, das
Marginale zu dem genannten Paragraphen „Geldstrafe“; im ein-
zelnen ist bestimmt, daß im Fall einer protokollierten Rüge (vgl.
& 251 V, oben S. 556) 100 Kronen aus dem Honorar des Abge-
ordneten zurückzuhalten sind; ist ein Abgeordneter ausgeschlos-
sen, so werden für jeden Tag 20 Kronen zurückgehalten; betritt
ein ausgeschlossener Abgeordneter dem mit der Ausschließung
verbundenen Verbot, das Haus zu betreten, dieses dennoch, so
beträgt der Diätenverlust 500 Kronen. Diese Ausgestaltung läßt
in der Tat darauf schließen, daß in Ungarn mit dem Diätenab-
zug Strafen gemeint sein sollen.
Einige wenige Geschäftsordnungen verpflichten den Abgeord-
neten zum Ersatz der Kosten, die dem Land durch sein Ausbleiben
erwachsen (z. B. Sachsen-Weimar S$ 4, 19), d.h. zum Schaden-
ersatz. Disziplinarmittel sind daher diese Verpflichtungen nicht.
Wegen ihrer Schadenersatznatur können sie durch die Geschäfts-
ordnungen des Delegationssystems nicht statuiert werden. Wo
derartige Bestimmungen existieren, sind sie — im Reich — durch
das Bürgerliche Gesetzbuch nicht außer Kraft gesetzt worden, da
sıe dem öffentlichen Recht angehören.
2. Die Frage, ob im Delegationssystem die gänzliche Aus-
schließung *%° eines Abgeordneten ohne staatlichen Rechtssatz
möglich ist, könnte unter Hinweis auf andere Disziplinarverhält-
nisse bejaht werden ®. Dagegen spricht, daß in der Ausstoßung
ein Mandatsverlust liegt. Die Ausstoßung ließe sich zwar forma-
listisch von dem Mandatsverlust trennen, bei genauerer Betrach-
& 2 des sächs. Diätenges. v. 19. II. 1909, GS. 119; $ 3 des badischen Ges.
v. 31. I. 1910, GS. 59; Art. I des österr. Ges. v. 7. VI. 1861 bei BERNAT-
ZIK VerfGes. 274.
450 Beispiele s. o. S. 519/22.
41 So HuBrıcH 459, auch 462; a. M. mit Recht LaBanD I 340/1; von
Bar im Recht 1912 303.