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Rechtsusurpation, wie sie der Kontinent nicht kennt, oder sie will
etwas ganz anderes besagen.
Die Polizei erscheint in den Geschäftsordnungen in zwei Vor-
schriften, nämlich in denen, die dem Präsidenten die Sitzungs-
polizei einräumen, und in denen, die ihm die Handhabung der
Polizei im Sitzungsgebäude übertragen wollen *#2, HUBRICH (a. a. O.)
meint hier, beide seien auch rechtlich verschieden, und versteht
unter der ersteren das Hausrecht, unter Umständen auch die
Disziplin (S. 428/9), unter der zweiten Polizei im Rechtssinn.
Nach dem Gesagten kann aber auch hier Polizei nicht im tech-
nischen Sinn verstanden werden. Die rechtliche Natur beider ist
vielmehr dieselbe und erschöpft sich in nichts anderem als im
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Hausrech Dieses ist immerhin nicht a priori vorhanden, son-
dern entsteht den Zuhörern gegenüber erst mit dem Parlament,
d. h. mit seiner Konstituierung, und dies rechtfertigt es, das Haus-
recht als in der parlamentarischen Sondergewalt enthalten anzu-
sehen.
Nun bestimmen aber einige Geschäftsordnungen, daß, wenn
Geschäftsordnung ist selbstredend nur ein Lapsus; es soll nur heißen: er
(der Präsident) übt das Hausrecht hier im Hause aus.“ — Die Polizeigewalt
wird meist kritiklos hingenommen. selbst von LABAND 1345 i. f.; O. MAYER,
StaatsR. 144/5; SCHULZE Pr. I 616/7, 627; Dems. D. I 482; v. STENGEL 90;
v. RÖNNE-ZORN 1 368, 416. — Daß unser Ergebnis für den deutschen Reichs-
tag richtig sein muß, erhellt daraus, daß nicht eingesehen werden kann,
was für eine Polizei, die doch Landessache ist, dort entstehen soll. Etwa
eine Reichspolizei, die es nicht gibt? Daran können auch die Ausnah-
men, nämlich $ 2 des G. betr. d. Reichskriegshäfen, v. 19. VI. 1883 (RGBl.
105), $ 51 des G. über die Konsulargerichtsbarkeit, v. 7. IV. 1900 (RGBl.
213), $8 15 des Schutzgebietsgesetzes v. 25. VII. 1900 (RGBl. 809, 813 ff.)
nichts ändern,
482 Noch weiter geht Württemberg I, $ 12; auch II, $ 6 Il (Ausdehnung
auf Nebengebäude); ebenso das französische G. v. 5 fructidor an VIII (s. o.):
„Police dans la salle de leurs seances et dans l’interieur de tous les bäti-
ments et cours“; vgl. PIERRE I 1108.
483 [ch nehme sonach an, daß es auch einen öffentlichen, nicht bloß
privaten Hausfrieden gibt; vgl. dazu ROSENFELD (oben Note 163) 409/10.