Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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G@. MEYER und andere den gleichen Einwand erhoben haben wie BÜHLER, 
daß es sich hier aber in Wahrheit bloß um einen terminologischen Streit 
handelt. Dürfen ist für G. JELLINEK nur die Freiheit, die in die Rechts- 
sphäre eines andern eingreift; die Gewerbefreiheit und alle andern öffent- 
lich-rechtlichen Freiheiten nennt G. J. rechtlich-irrelevante Handlungen. — 
An andrer Stelle (S. 48 N. 66) klagt BünLEr über angebliche Widersprüche 
im System G. JELLINEKs. S. 101 des Systems heißt es: „Trotzdem also 
die richterliche Zuerkennung eines Rechtsmittels nicht das absolute Kri- 
terıum für das Dasein eines individuellen Anspruches bildet, .. .“ und 
S. 106 des Systems, scheinbar damit unvereinbar: „Denn niemals kann ein 
durch Rechtsmittel zu verfolgender Anspruch bloß Reflexrecht sein.“ Diese 
Stellen darf man aber nicht aus dem Zusammenhang reißen. Die erste 
Stelle ist nur zu verstehen in Verbindung mit dem unmittelbar Vorher- 
gehenden. Dort wird (S. 97 ff.) die Rechtsprechung der schweizerischen, 
österreichischen und amerikanischen Gerichte beanstandet, die dem Unter- 
tan eine Klage auch in Fällen gewähren, in denen das Gesetz ein subjek- 
tives Recht des Untertanen nicht hat schaffen wollen. Die gesetzwidrige 
richterliche Zuerkennung eines Rechtsmittels ist also S. 101 gemeint, und 
damit verträgt sich doch selbstverständlich die Stelle S. 106, wo vom 
gesetzmäßigen Rechtsmittel die Rede ist. — Ueber das Wesen des 
politischen Wahlrechts bestehen Meinungsverschiedenheiten. LABAND sieht 
in ihm nur den Reflex objektiven Rechts und bekämpft daher (Staats- 
recht I® S. 331 N. 1) GEORG JELLINEK, ohne ihn richtig zu zitieren 
(„Einrichtung“ statt „Ernennung‘) und zu würdigen. BÜHLER (S. 250 
N. 366), der andrer Ansicht ist als LABAND, übernimmt nichtsdestoweniger 
die LaAsAnDsche Kritik samt dem Ausrufezeichen LABANDs und hält es 
nicht für nötig, selbständig über die Frage nachzudenken. Dabei ist der 
Gedankengang doch so einfach. G. JELLINER sagt S. 160: „Das Subjekt 
dieses Rechtes [nämlich des Wahlrechtes] wie das jeder staatlichen Er- 
nennung ist ausschließlich der Staat und nur Reflexwirkung ist es, wenn 
der einzelne als solcher ein derartiges Recht zu besitzen scheint.“ Und 
S. 161: Dennoch hat der einzelne ein subjektives Recht auf seine „Aner- 
kennung . . in seiner Eigenschaft als Wähler, als Träger eines aktiven 
Status.“ Mit andern Worten: Die Wählerschaft in ihrer Gesamtheit ist 
Staatsorgan, die Wahl also Staatswille, Subjekt des Wahlrechts der Staat, 
nicht der einzelne. Der einzelne hat aber ein Recht darauf, Mitglied der 
Wählerschaft zu sein. Es verhält sich ähnlich wie mit dem König. Wenn 
der König Keinen Richter ernennt, so handelt das Rechtssubjekt Staat und 
nicht das Rechtssubjekt K; aber das Rechtssubjekt K ‚hat Anspruch darauf, 
König zu sein; es hat ein Recht auf Organschaft. Diese Auffassung ist 
auch nicht etwa bloß eine theoretische Spielerei, sondern kann leicht 
praktisch werden. Ist der Wahlakt Staatsakt, so unterliegt er den Regeln 
des fehlerhaften Staatsakts. Die teilweise ungültige Verhältniswahl wäre
	        
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