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demgemäß unter Umständen ganz ungültig und nichtim ganzen gültig unter
Weglassung des ungültigen Teils. — S. 223 N. 332 bezeichnet es Verf. als
einen Fehler des Systems von G. JELLINEK, daß „vermittels des Interessen.
berücksichtigungsanspruchs und des Anerkennungsanspruchs (S. 132 ff.) alle
möglichen Interessen, denen zuerst die Rechtsnatur abgesprochen wird,
schließlich doch zu Rechten werden (vgl. darüber zutreffend LABAND II
[= 1] S. 331)‘. Verfasser hat sich aber wohl gehütet, seine Behauptung
im einzelnen zu belegen. Es wäre ihm auch recht schwer geworden. Auch
die Anführung LABANDs nützt hier nichts; denn LABAND geht dort nur
auf das Wahlrecht ein und begnügt sich im übrigen mit ganz abstrakten
Ausführungen. — S. 145 Anm. oben hat Verf. G. JELLINEK mißverstan-
den; er spricht S. 223 ff. nicht von Kompetenzen des Staats, sondern von
Kompetenzen der Staatsorgane. — Auch die Darstellung der Lehre FLEINERSs,
Institutionen 2. Aufl. S. 155 ff, bei BÜHLER S. 19 ff. trifft wohl nicht das
Richtige; das zeigen die Beispiele FLEINERs $. 158. — Ebensowenig ist
Ss. 23 N. 37 der Angriff auf LABANnD begründet; LABAND gebraucht das
Wort „Entscheidung“, ebenso wie Verf. es für richtig findet, nur in de-
klaratorischer Bedeutung : Staatsrecht IL® S. 178, 192.
Doch genug davon. Der hauptsächlichste Gegner des Verfassers bin
ich selber. Was er sich hierbei geleistet hat, davon sollam Schlusse dieser
Besprechung die Rede sein.
III. Verfasser gibt S. 7f. zu, daß seine theoretischen Erörterungen zur
Frage der positiven Ansprüche des Untertans an den Staat nichts grund-
sätzlich Neues enthalten, sondern im wesentlichen nur die Elemente etwas
genauer herausarbeiten. Um so ausführlicher hat er sich mit den Freiheits-
rechten befaßt und verschiedene Fragen näher beleuchtet. Bedarf die Ver-
waltung zu Eingriffen in Freiheit und Eigentum immer einer gesetzlichen
Grundlage? Werden solche Eingriffe von den Verwaltungsgerichten nur
nach ihrer rechtlichen Seite geprüft oder hat das Oberverwaltungsgericht
auch Ermessenskontrolle zu üben? Handelt die Polizei bei Erlassung eines
Polizeibefehls nach freiem Ermessen oder nicht? Gibt es ein subjektives
Recht auf richtige Ausübung des freien Ermessens ?
1. Die erste Frage betrifft das Problem der gesetzmäßigen Ver-
waltung. Nach herrschender Ansicht ist die Verwaltung zu Eingriffen
in die Rechtssphäre des Untertanen nur kraft gesetzlicher Ermächtigung
befugt. Man folgert dies aus dem Begriff des konstitutionellen Gesetzes.
Rechtssätze, die in Freiheit und Eigentum eingreifen, bedürfen der Zustim-
mung der Kammern. Daher sind Verordnungen, die in Freiheit und Eigen-
tum eingreifen, nur zulässig, wenn ein Gesetz dazu ermächtigt. Aber auch
Verfügungen, die in Freiheit und Eigentum eingreifen, bedürfen der ge-
setzlichen Grundlage. Denn die Verfügung ist ein stärkerer Eingriff als
die Verordnung, da sie den Untertan nicht gleichmäßig trifft, nicht, wie
die Verordnung, ohne Ansehn der Person. Wenn also die Verordnung ohne