Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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gesetzliche Ermächtigung ungültig ist, so ist auch ungültig die ohne ge- 
setzliche Ermächtigung erlassene Verfügung. 
Gegen diese u. a. von LABAND, RosIn, OTTO MAYER, FLEINER, An- 
SCHÜTZ, THOMA vertretene Auffassung wendet sich Verfasser in längeren 
Ausführungen (S. 71 ff... Dabei billigt er die Ansicht AnscHüÜrtzens, daß 
auch in Preußen Rechtsverordnungen der gesetzlichen Grundiage 
bedürfen. Nur bei Verfügungen will er den Grundsatz nicht gelten 
lassen. Zwar soll heute das Gewohnheitsrecht der herrschenden 
Auffassung recht geben (S. 87); aber ursprünglich soll das Prinzip der ge- 
setzmäßigen Verwaltung nicht gegolten haben. Er führt dafür eine ganze 
Reihe von Gründen an; allein so anerkennenswert das Bestreben des Ver- 
fassers ist, eine möglicherweise unbesehen hingenommene Selbstverständ- 
lichkeit unter die kritische Lupe zu nehmen, so wenig ist ihm doch der 
Nachweis für seine Behauptung gelungen. Ich beschränke mich im fol- 
genden auf die preußisch-rechtliche Streitfrage (vgl. im übrigen Gesetz, 
Gesetzesanwendung usw. S. 174). 
Es sei nicht richtig, betont Verf. S. 72, daß die Verfügung die ein- 
schneidendere Maßregel sei. Die Verfügung könne dem Einzelfall viel mehr 
angepaßt werden als die Verordnung; die Verordnung bringe häufig „Zwang 
im Einzelfall mit sich ..., auf den die ratio legis gar nicht zutrifft“. Er 
beruft sich hierfür auf v. Bırrers HWB. Art. Polizeiverfügungen, wo Graf 
von WESTARP ausführt, wenn eine Polizeiverordnung gültig erlassen sei, 
sei jeder davon betroffene Fall unbedingt und ausnahmslos nach ihrer 
Norm zu beurteilen und zu erledigen, auch wenn er, an und für sich be- 
trachtet, ein polizeiliches Einschreiten wegen Mangels der gesetzlichen 
Voraussetzungen nicht rechtfertigen würde. Graf von WESTARP gibt hier 
nur die Rechtsprechung des preußischen OVG. wieder, das in der Tat diese 
Ansicht vertritt. Allein diese Ansicht ist doch keineswegs einleuchtend, 
wie ich anderweit näher ausgeführt habe (Gesetz, Gesetzesanwendung usw. 
S. 265 f.). Das OVG. (18, 374.) drückt sich einmal so aus: „Muß aber der 
Polizei die Berechtigung zugestanden werden, von den Vorgärten die un- 
statthaften (Gewerbebetriebe auszuschließen, so kann ihr auch nicht 
verwehrt werden, jeden Gewerbebetrieb in den Vorgärten zu verbieten‘. 
Man erwartet hier doch vernünftigerweise den entgegengesetzten Schluß. 
Aus dem Wertverhältnis zwischen Verordnung und Verfügung kann also 
Verfasser seine Ansicht wohl nicht rechtfertigen. 
Als weiteren Grund gegen das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Ver- 
waltung verwendet Verf. den Katalog der Freiheitsrechte in der Verfas- 
sungsurkunde (8. 83). Wenn die Verwaltung ohnehin nur auf Grund eines 
Gesetzes gegen den Untertan vorgehen könne, so hätte es doch „keinen 
Sinn gehabt, noch einen ganzen Katalog von Eingriffen in die Sphäre des 
Untertanen aufzuzählen und für diese ausdrücklich ein Erfordernis aufzu- 
stellen, das in Wirklichkeit in der Verfassung schon generell enthalten
	        
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