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gedruckt zu werden, und die Gerichte hatten sich ihr unbedingt
zu unterwerfen“. (BÄHR a.a. OÖ. S. 145). Völlige Unabhängig-
keit wurde allen kurhessischen Gerichten, nicht nur dem OAGer.
erst gewährt durch die berühmte kurhessische Verfassungsurkunde
vom 5. Januar 1831, das Werk des liberalen Marburger Staats-
rechtslehrers SYLVESTER JORDAN. Diese vielgerühmte und viel-
geschmähte denkwürdige Urkunde brachte die wichtigen. grund-
legenden Bestimmungen: „In jedem Falle, wo Jemand sich in
seinen Rechten verletzt glaubt, bleibt ihm die gerichtliche Klage
offen.“ ($ 35.)
„Niemand kann an der Betretung und Verfolgung des Rechts-
wegs vor den Landesgerichten gehindert werden. Die Beurteilung
ob eine Sache zum Gerichtsverfahren sich eigne, gebührt dem
Richter nach Maßgabe der allgemeinen Rechtsgrundsätze und
solcher Gesetze, welche mit Bestimmung der Landstände erlassen
werden. (8 113.)
„Die Gerichte für die bürgerliche und Strafrechts pflege sind
innerhalb der Grenzen ihres richterlichen Berufes in allen Instan-
zen unabhängig. Dieselben entscheiden ohne irgendeine fremde
Einwirkung nach den bestehenden Rechten und den verfassungs-
mäßigen Gesetzen. Sie sollen in ihrem Verfahren, namentlich
auch in der Vollziehung ihrer Verfügungen und Urteile geschützt
und soll ihnen hierzu von allen Zivil- und Militärbehörden der
gebührende Beistand geleistet werden.
„Das Edict vom 26. November 1743 (Eingangs unserer Be-
trachtung gelangt es zum Abdruck) bleibt hinsichtlich der Be-
stimmungen über die Selbständigkeit der Rechtspflege auch ferner-
hin in Kraft und zwar mit deren ausdrücklichen Ausdehnung auf
die Strafrechtspflege.* Die Verfassung enthielt ferner die schwer-
wiegenden Sätze:
„Die Freiheit der Person und des Eigentums unterliegt
keiner anderen Beschränkung, als welche das Recht und die Ge-
setze bestimmen.“ ($ 31.)