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grundsätzlichen Darlegung der Stellung und Aufgaben der Ge-
richte und ihres Verhältnisses kehren wir zurück zu unserem
Ausgangspunkt.
Eine völlige Trennung von Justiz und Verwaltung in Kur-
hessen führte das Edikt vom 26. November 1743 über Errichtung
des OA Ger. nur für die oberste Instanz ein, sonst waren sowohl
in den mittleren Instanzen wie in den Lokalbehörden beide in
Personalunion vereinigt. Den Schwerpunkt der Behörden bildeten
die 4 Regierungen zu Kassel, Marburg, Hanau und Fulda und
Rinteln. Sie waren nicht nur die mittleren Verwaltungsbehörden
für alle Staatshoheitsangelegenheiten, wie Grenzsachen, Huldi-
gungsangelegenheiten, Schulangelegenheiten und Aufsichtsstellen
für Stiftungen, sondern auch die erste Instanz für Zivilprozesse
und Strafsachen der eximierten Stände der sog. „Schriftsässigen “
d. h. des Adels und der Berufe mit akademischer Vorbildung.
Für alle anderen Stände, die sog. „Amtssässigen“ bildeten sie die
Berufungsinstanz gegen die Urteile der lokalen „Aemter“. In
Stadt und Land war Justiz und Verwaltung bei den „Aemtern“
in einer Hand vereinigt. Der Amtmann war sowohl Richter erster
Instanz „Justizamtmann“* als Verwaltungsbeamter, etwa dem heu-
tigen Landrat entsprechend, wie auch Finanzbeamter. In den
Städten führte der Amtmann als besondere Auszeichnung hin und
wieder den Titel „Oberschultheiß“. Die Städte hatten auch zur
Wahrnehmung der Polizeijustiz besondere Polizeikommissionen.
Die oberste Zivilverwaltung verkörperte sich im Geheimen Rat
oder im Staatsministerium. Dieses Kollegium der 3 Staatsminister
— Inneres, Justiz, Aeußeres — war lediglich ein beratendes Or-
gan des Landesherrn, dem es fast täglich über alle wichtigeren
Fragen des Staatslebens Vortrag bielt. Die eigentliche Entschei-
dung aber traf stets der absolute Landesherr. „Auch die einzelnen
Minister hatten gegenüber den Behörden in den einzelnen Landen
keine eigene Machtvollkommenheiten ; überall erscheinen sie le-
diglich als Verkünder der Entschließungen und Weisungen des