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medizinalkollegium, für den ganzen Kurstaat in der Residenzstadt
Cassel eingerichtet (SS 69— 74 d. V.). Es setzte sich zusammen
aus einem Direktor, drei bis fünf Räten, darunter dem Medizinal-
referenten der Casseler Regierung und drei bis fünf Assessoren,
„die aus den einsichtsvollsten Wundärzten, Apothekern und Tier-
ärzten gewählt werden“, nebst einem Sekretär und zwei Unter-
beamten. Dem Obermedizinalkollegium lag ob: die Disziplin über
das ganze zu seinem Wirkungskreise gehörige Personal auszuüben,
den Regierungen alle gewünschten Gutachten zu erteilen, zur Ge-
stattung der ärztlichen Praxis taugliche Aerzte dem Ministerium
des Innern vorzuschlagen, „überhaupt die ganze Gesundheitspflege
im Auge zu behalten. und alle in dieser Hinsicht zweckdienlich
erachteten Anträge unaufgefordert zu tun, jährlich deshalb aber
eımen Hauptbericht dem Ministerium des Innern vorzuschlagen“.
Für jede Provinz wurde in ihrer Hauptstadt ein Medizinalverein
gebildet. Er setzte sich zusammen „aus den besonders ausgezeich-
neten Aerzten, Wundärzten, Tierärzten und Apothekern, welche
zu dem Ende von Unserem Obermedizinalkollegium dem Ministerium
des Innern vorgeschlagen und von Uns bestätigt werden“. Der Me-
dizinalverein hatte insbesondere außer den ihm sachdienlich erschei-
nenden Vorschlägen bei dem Obermedizinalkollegium und den Re-
gierungen, die von diesen Behörden verlangten Gutachten zu er-
statten, die Lehrlinge der Apotheker, die Hebammen und Lehr-
linge der Wundheilkunst zu prüfen, sowie „Streitigkeiten, welche
über Gegenstände der Gesundheitspflege zwischen ärztlichen Per-
sonen entstehen, womöglich in Güte zu schlichten oder die Sache
nach deshalbigem, fruchtlosem Versuch an das Obermedizinalkol-
legium als höhere Disziplinarbehörde oder die betreffende Gerichts-
behörde zu verweisen.“ Also lange Jahre vor Einführung unserer
Aerztekammern bereits eine Art Standesvertretung und ehrenge-
richtliches Verfahren in einem vormärzlichen Mittelstaate Deutsch-
lands. Die Medizinalreferenten in den Regierungen waren zugleich
Provinzialbeamte des Obermedizinalkollegiums und hatten dessen