Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

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überhaupt die gewerblichen Verhältnisse des Landes die Schrift 
des Verfassers: Die kurhessische Gewerbepolitik und die wirt- 
schaftliche Lage des zünftigen Handwerks in Kurhessen von 1816 
bis 1867, Marburg 1909 — sowie ferner die große persönliche 
Abneigung des letzten Kurfürsten Friedrich Wilhelm I, der als 
Mitregent bereits tatsächlich seit 1831 die oberste Regierungsge- 
walt im Staate allein ausübte, gegen jede moderne industrielle 
Entwicklung. Das Aufkommen einer Großindustrie suchte er, so- 
weit es ihm irgend möglich war, zu unterdrücken, von dem Auf- 
kommen der Fabriken befürchtete er die Revolution. Immerhin 
war am Einde des Kurstaates ein sehr umfangreicher Gesetzent- 
wurf den Gewerbebetrieb betr. ausgearbeitet, der dem Lande die 
von allen Einsichtigen schon lange gewünschte Gewerbefreiheit 
endlich bescheren sollte. Nur die Annexion des Jahres 1866 hin- 
derte seine Vorlage an die Landstände und seine Annahme. 
Land- und Forstwirtschaft befinden sich dagegen in einem 
blühenden Zustand. Bereits im Jahre 1832 war in Kassel die 
heute dort noch bestehende und ungemein segensreich wirkende 
Landeskreditkasse zur Ablösung der Reallasten eingerichtet worden. 
Sie schoß den pflichtigen Bauern die zur Ablösung erforderlichen 
Kapitalien vor und gewährte den Landleuten zugleich gegen hy- 
pothekarische Sicherheit gegen mäßige Verzinsung Darlehen bis 
zu sehr kleinen Beträgen und mit einem sehr geringen Kapitals- 
abtrag. Schon lange vor Preußen hatte aber das kleine Kurhessen 
die Ablösungsgesetzgebung in die Hand genommen. Neben diesem 
außerordentlichen Verdienst der Verwaltung war auch für einen 
guten Ausbau der Landstraßen und der Wege gesorgt, die Volks- 
schulbildung befand sich auf einer anerkennenswerten Höhe. Dar- 
nach scheint uns das Urteil BÄHRs (das frühere Kurhessen 8. 42 ff. 
über die kurhessische Verwaltung: „Sie war sich kaum bewußt, 
die Aufgabe zu haben, positiv an dem Wohl des Volkes zu ar- 
beiten.... Das Regieren bestand also nur in der unabweislichen 
Handhabung der laufenden Geschäfte, in der polizeilichen Ueber-
	        
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