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Sinne der Klausel ist nur der Staat, der selbständig völkerrecht-
liche Rechte und Pflichten haben kann, mithin in der Regel ein
selbständiger Staat. Um aber völkerrechtliche Rechte und Pflichten
zu haben, muß dieser Staat der Völkerrechtsgemeinschaft ange-
hören. Beteiligt sich also ein halbzivilisierter Staat an einem
Kriege, so löst das die Allbeteiligungsklausel nicht aus.
Diese Nichtvertragsmacht muß sich am Kriege beteiligen.
Vorausgesetzt ist hierbei die Einheit des Krieges unter den mehreren
Mächten *. Denkbar wäre ja doch auch der Fall, daß eine Macht an
verschiedenen Stellen der Welt gleichzeitig zwei voneinander völlig
unabhängige Kriege mit verschiedenen Gegnern führte, einen jeden
aus besonderer Ursache, z. B. Deutschland stünde in einem kriege-
rischen Konflikt etwa mit Montenegro, und zugleich würde es
ohne Zusammenhang damit auch in einen Krieg mit Venezuela
verwickelt; zwischen Montenegro und Venezuela aber bestünde
keinerlei Verbindung. Dann wären das zwei getrennte Kriege
mit je einem Gegner, nicht ein Krieg mit zwei Gegnern. Die
Anwendung der Allbeteiligungsklausel wäre hier völlig sinnlos;
daß sie hier nicht Platz greifen will, ist auch in ihrer älteren
Fassung zum sicheren Ausdruck gekommen, denn da heißt es:
„wo in einem Kriege zwischen Vertragsmächten eine Nichtver-
tragsmacht sich einer der Kriegsparteien anschließt“ (vgl.
auch Art. 66 der Londoner Seerechtsdeklaration: „Im Falle eines
Krieges, in dem alle Kriegführenden an dieser Erklärung be-
teiligt sind“). Gemeint muß aber dasselbe mit jeder Allbeteili-
gungsklausel sein: sie setzt immer voraus, daß die Vertragsmacht
und die Nichtvertragsmacht Streitgenossen, Mittäter, nicht selb-
ständig und getrennt kriegführende Mächte sind.
Eine besondere Färbung nimmt der Inhalt der Klausel in den
beiden Neutralitätsabkommen (V und XII) an. Diese wollen
* Darauf legt mit Recht Gewicht auch WEHBERG, „Soziale Kultur*
Jan. 1915 S. 3; vgl. auch denselben: Seekriegsrecht S. 200 Anm. 2, ferner
S. in „Van onzen tijd“ 1913/14 Nr. 52 S. 821.