Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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tem, „der mit vollem Bewußtsein und ausdrücklichem Willen ge- 
leistet wird*, der nicht „bloße äußere Form und militärische Ge- 
pflogenheit* sondern „vollwertig und vor Gott und Menschen ver- 
bindlich* ist. Leiblicher Eid bedeutet schließlich nicht, wie 
THUDICHUM '! sagt, einen „in Selbstperson geleisteten Eid“ im 
Gegensatz zum Stellvertretereide. Sondern in der Rechtsgeschichte 
war immer der Eid ein leiblicher — der bayerische Soldat schwört 
einen „körperlichen Eid* —, der unter Berührung von Gegen- 
ständen, und zwar regelmäßig heiligen oder geweihten Gegen- 
ständen geschworen wurde !”. Bei unseren Vorfahren war das 
häufig ein Ring, bei andern Völkern heilige Bücher und Götter- 
bilder, im Mittelalter das Evangelium oder Reliquien (das Heil- 
tum), beim heutigen Fahneneide ist es für die Infanterie die 
Fahne, für die Kavallerıe die Standarte, für dıe Artillerie das 
Geschütz, für den Train und einzelne Mannschaften der Degen 
des Untersuchung führenden Offiziers 1%. — Die Fahne ist dem 
Soldaten heilig. Heilig im Sinne von „ehrwürdig“. Sie ist vom 
König verliehen, vom Geistlichen geweiht, verkörpert die Ueber- 
lieferung des Truppenteils, die Zusammengehörigkeit im Truppen- 
teil, die Ehre des Truppenteils. Und „die Fahne soll dem Sol- 
daten heilig sein“. Heilig im Sinne von „schutzwürdig“. So 
lautet das Postulat des Kr.Art. 9. Er darf sie niemals verlassen. 
Darin sind die Pfliehten der Kameradschaft, der Aufopferung, des 
Gehorsams angedeutet. Also mag auf die Fahne, entsprechend 
auf das Geschütz usw., sehr wohl ein leiblicher Eid im Sinne 
—— 
il THUDICHUM, Geschichte des Eides. Tübingen 1911, S. 26, Anm. 1. 
Der anonyme Verfasser der Schrift „Der Fahneneid im Konfliktsfall“ 
3. Aufl. München 1899 leistete sich S. 18 die Bemerkung, dieser Zusatz 
wäre eigentlich sinnlos, es gäbe keinen leiblichen Eid. 
12 GRIMM, Deutsche Rechtsaltertümer. 4. Ausg. Leipzig 1897: II. S. 535. 
Hugrıca, Konfessioneller Eid oder religionslose Beteuerung? Leipzig 1899. 
Ss. 11. 
13 v, Auten, Handb. f. Heer und Flotte. Berlin u. Leipzig, 1911. IH. 
S. 431. 
12*
	        
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