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Fahneneid seinem ganzen Inhalt nach her. Hier
gibt es keine Verfassungsklausel, obwohl gewisse Zeiten auch
darnach verlangten. VU. Art. 108 Abs. 2 zeugt davon. Der
Soldat ist nur seinem König verpflichtet und zwar seinem König
in Person. Darum nennt er, so gut wie seinen Namen, den
Namen seines Landesherrn, während der Name des Kaisers, dem
der Oberbefehl zusteht und der Gehorsam gebührt, auch in der
Formel von 19. Dezember 1867 nicht genannt wird. Dort bildet
die Treue, hier der Gehorsam das Band, dort ist es ein höchst-
persönliches, hier ein mehr staatsrechtlich bestimmtes Verhältnis».
Käme es bei der Treue auf die staatsrechtliche Stellung des
Königs an, so dürfte in Preußen der Kaiser im Fahneneid nicht
unerwähnt bleiben, so müßte auch ein Elsaß-Lothringer, der dem
Kaiser als Landesherrn geschworen hat, bei seiner Beförderung
zum Offizier auf den König neu vereidigt werden. Das ist aber
nicht der Fall’.
Aus dem Dargestellten folgt: der Fahneneid in Preußen
wird von Preußen jedem neuen Herrscher neu geschworen;
von Nichtpreußen wird bei Hintritt des Kaisers nicht neu ge-
schworen, gleichgültig ob sie nach der eingangs erwähnten Formel
vom 19. Dezember 1867 oder z. B. nach der Sächsischen Formel
des Soldateneides verpflichtet waren; Elsaß-Lothringer werden
beim Hintritt des Kaisers und Königs neu vereidigt, weil sie
eben nicht dem Kaiser als Institution zum Gehorsam, sondern
ihrem Landesherrn als Person zur Treue verpflichtet sind.
Es sind rein praktische Gründe, aus denen man beim Thron-
wechsel nur das stehende Heer, und nicht alle, die jemals den
Fahneneid geleistet, ihn erneuern läßt. Doch erscheint es folge-
richtig, den Mann, der dem verstorbenen Herrn geschworen und
von dem neuen Herrn als Reservist oder Landsturmmann zur
Fahne einberufen wird, seinen Schwur erneuern zu lassen.
” Vgl. Kr.Min. v. 24. April 1879, insbesondere Ziff. 3.