— 197 —
liche Antwort. „Nicht nur im Sinne pietätvoller Ergebenheit und
Anhänglichkeit“, wie BROCKHAUS”? sagt, soll die Treue gefaßt
werden. EHRENBERG’® hat versucht, die Treue als ein Nützlieh-
sein mit Rat und Tat wiederzugeben. Diese Definition betont zu
sehr gegenüber der Gesinnung die Tätigkeit. Dem Inhalt des
Begriffs kommt v. Dossow-KRAFFT’* näher mit der Formulie-
rung: „unbedingte Hingabe“, v. PELET-NARBONNE” mit: „volle
Hingabe“. v. KLAss in seinem vortrefflichen Instruktionsbuch ’”®
sagt: „ohne Hingabe, ohne Selbstverleugnung, ohne Opferwillig-
keit gibt es keine echte Treue“. Am brauchbarsten erscheint mir
die Begriffsbestimmung: Treue ist Selbsteinsetzung für
einen Anderen. Das gilt für Gedanken und Tun. Mit des
Anderen Gedanken die Sache erwägen, nach seinem Vorteil han-
deln. Selbstentäußerung, aber nicht in einem Verzicht auf eigene
Beurteilung und eigene Initiative, nicht in einem Verzicht auf den
Gebrauch mancher eigenen Fähigkeiten, wie der Gehorsam es ver-
langt, sondern das volle Einsetzen seiner ganzen Person für einen
Anderen. — So gefaßt ist die Treue nicht mehr ein blasses Gefühl,
das über den Pflichten schwebt, sondern ein Faden, der durch das
Labyrinth täglicher Pflichten führt, und ein brauchbarer Rechts-
begrift.
Ausschöpfen läßt sich der Begriff nicht. In den Instruktions-
büchern von SPOHN, V. KLASS, v. GILLHAUSEN u. A. ist gezeigt,
wie man dem einfachen Rekruten ihn nahe bringen kann. Die
Treue durchdringt und umfaßt alle Pflichten.
—
”ı v. KıAss, Instruieren, S. 11.
72 BROCKHAUS a. a. O. 8. 119.
73 EHRENBERG, Kommendation und Huldigung im fränkischen Recht.
Weimar 1877. 8. 111.
7* v. Dossow-KRAFFT, Dienstunterr, f. d. Infanteristen. 37. Aufl. Berlin
1897. S. 2.
756 yv, PELET-NARBONNE, D. Kavalleriedienst im Frieden. 7. Aufl. Berlin
1910. 8. 1.
8° v. Kuass-v. LOEFEn, Der gute Kamerad (f. Infanterie). 12. Aufl.
Berlin 1907. S. 6.