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gehen gegen die Treue Seiner Majestät dem Kaiser gegenüber“
aufgefaßt werden könne. Dazu ist zu sagen: In jeder fahrlässig
oder vorsätzlich begangenen Pflichtverletzung liegt regelmäßig
eine Verletzung der Treupflicht, der Pflicht, sich selbst für seinen
Königlichen Herrn einzusetzen. Sie kann auch in Tatbeständen
liegen, die wegen mangelnder Ausdehnung oder weil sie verbor-
gen blieben, nicht zur strafgerichtliehen Beurteilung kommen.
v. Krass®® nennt hier: stete Unlust zum Dienst, Anhören von
Räsonnieren über Vorgesetzte und Truppenteil usw. Insofern er-
gänzt der Eid die Normen der Strafgesetze. Insofern ist es
richtig, wenn man dem Soldaten, der den Fahneneid verweigert
hat, zwar nicht mit Strafen, aber mit Mißtrauen begegnet. v. Krass”
sagt: „wenn jemand gegen diese erste und heiligste Pflicht (die
Treue) sündigt, hat er gleichzeitig alle anderen Pflichten verletzt“;
das Umgekehrte ist richtig: wenn jemand irgend eine militärische
Pflicht verletzt, so sündigt er regelmäßig gegen die Treue.
Doch hat es andererseits Fälle von Landes- und Kriegsverrat usw.
gegeben, die kein Treubruch waren, sondern das reine Gegenteil.
Nur an Yorck sei erinnert, dessen Tat in der Mühle von Tau-
roggen unter die $$ 57 MStGB. mit 88 StGB. (Waffentragen
gegen Bundesgenossen), 58 Ziff. 1 MStGB. mit 90 Ziff. 3 StGB.,
58 Ziff. 7, 8, 9 MStGB. fallen würde.
Auch im Ungehorsam muß nicht notwendig ein Treubruch
liegen. Vielmehr kann die positive®* Treue geradezu verlangen,
daß den Befehlen des negativen Gehorsams zuwidergehandelt
werde, der in einem Ersetzen des eigenen Willens durch einen
fremden sich erschöpft, während die Treue das eigene Interesse
durch das eines andern ersetzt. Im Fahneneid geht die Treue
gegen den Landesherrn der „genauen Erfüllung der Vorschriften
und Befehle“ vor. Ein Zwiespalt zwischen der Treue gegen den
s? v. Krass, Instruieren, 8. 12.
83 v, KLass-v. LOEFEN, Kamerad, S. 8.
8 v, RÖNNE-ZORN a. a. OÖ. 1 (1899) S. 32.