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zwischen historischer und teleologischer Auslegung S. 72 hervorheben; die
stärksteAnregung wird ohne Zweifel der Abschnitt geben, in dem REICHEL die
Fälle pflichtmäßiger richterlicher Entscheidunggegen dasGesetz
behandelt (S. 130 fg.); ich stimme dem, was R. zu dem Beispiel des $ 50
ZPO. sagt, durchaus bei, weder der erste noch der zweite zum Urteil
contra legem nötigende Tatbestand — Seite 131 und 135, 142 — trifft hier zu.
Mendelssohn Bartholdy.
Friedrich Karl Neubecker. Der Ehe- undErbvertragiminter-
nationalen Verkehr. Leipzig. A. Deichertsche Verlagsbuch-
handlung Werner Scholl 1914. Preis M. 10.—, eleg. geb. M, 11.20.
VIII und 388 S.
Diese Arbeit kann in vielen Stücken als Muster der internationalistischen
Untersuchung dienen, die wir beim heutigen Stand der Wissenschaft
zu allererst brauchen. NEUBECKER bat sich ein Einzelinstitut des bürger-
lichen Rechts gewählt, das für Vergleichung und räumliche Abgrenzung
besonders geeignet ist, weil seine rechtliche Regelung mehr unter dem
Eintiuß von Volkssitte und Wirtschaft als unter dem Zeichen juristischer
Konstruktion steht und deshalb in den verschiedenen Staaten sehr ver-
schieden ausfällt, so sehr, daß man von der völligen Nichtachtung über
schüchterne Ansätze bis zur vollkommensten Ausgestaltung praktische
Beispiele der gesetzlichen Lösung des Problems bekommt: es ist „nicht der
Ehevertrag in seiner Totalität und Vereinzelung, nicht der Erbvertrag in
seiner Totalität und Vereinzelung, sondern der Eheerbvertrag in der Ver-
bindung der beiden Elemente.“ (8. 386.) Dieser Vertrag wird nun zunächst
in den europäischen Rechten verfolgt, wobei es der Darstellung sehr zugute
kommt, daß NEUBECKER zwar die großen Gruppen der germanischen,
romanischen und slavischen Rechte scheidet, aber doch jedes selbständige
Rechtsgebiet innerhalb der Gruppe gesondert behandelt und mit der natur-
gemäß besonders eingehenden Darstellung des deutschen Rechts schließt,
statt von ihr auszugehen. Die genaue Kenntnis der skandinavischen und
slavischen Rechte, durch die sich die Arbeiten des Verfassers immer aus-
zeichnen, bewährt sich auch hier aufs beste. Daß demgegenüber das eng-
lische Recht eher zurücktritt, ist bei seiner für die Vergleichung überall
unergiebigen Art kaum zu bedauern, aus dem kurz erwähnten schottischen
Recht und aus dem Irischen könnte aber vielleicht noch Eigenartiges ge-
wonnen werden; hier wäre etwa für eine Dissertation zur Ergänzung
Raum. Im deutschen Recht erweist sich das Privatfürstenrecht als beson-
ders wertvoll. Auf diese, von den besondern internationalistischen Zielen
der Untersuchung noch ganz unbeeinflußte und darum sehr klare und
übersichtliche Zusammenstellung der materiellen Rechte folgt dann eine
in gleicher Anordnung gegebene Darstellung der einzelnen internationalen
Privatrechte, wieder mit dem deutschen Recht am Schluß. Hier wird, ohne