Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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und Wales gibt es zur Zeit 37 Besserungsanstalten und 112 gewöhnliche 
Erziehungsanstalten (Bayern besitzt 3 staatliche und 120 private Er- 
ziehungsanstalten für Zwangszöglinge). Die Ueberweisung in eine solche 
Anstalt kann nur durch das Gericht beschlossen werden, und es ist in allen 
Fällen ausdrücklich dem Gericht eine vorherige Prüfung der Sachlage zur 
Pflicht gemacht. Die Ueberweisung eines Kindes in eine Erziehungsanstalt 
wegen krimineller Gefährdung kann von jedermann beantragt werden. 
Die Errichtung solcher Anstalten unterliegt keiner Beschränkung; die staat- 
liche Anerkennung gewährt ihnen aber bestimmte Vorrechte und Zu- 
schüsse; unterstellt sind sie der obersten Aufsicht des Staatssekretärs. Die 
Beschreibung des äußeren und inneren Anstaltsbetriebs und der verschie- 
denen Einrichtungen zur Förderung des Erfolgs der Erziehung ist recht 
geeignet, zum Vergleich mit unseren Methoden herauszufordern. Auch das 
Kapitel über die Behandlung jugendlicher Rechtsbrecher 
vom 16. bis zum 21. Lebensjahr mit der Schilderung des Bor- 
stalgefängnisses und der „Borstalkur“ bringt eine Fülle schätzens- 
werter Anregungen für die Auswahl der besten Art der Verbindung von 
Strafvollzug und Erziehung gegenüber nicht mehr jugendlichen Missetätern. 
Man hat ja auch in Deutschland an einigen Orten den Versuch gemacht, 
die Grundsätze des Borstalsystems im Strafvollzug gegen jugendliche Ver- 
brecher in den Gefängnissen zur Anwendung zu bringen. 
Den Schluß des Werks bilden Angaben über die Kriminalität der Ju- 
gendlichen in England, ihren Umfang und ihre Ursachen und über die 
Mitwirkung privater Vereine an der Jugendfürsorge. Keiner, der in der 
Jugendgerichts- oder Jugendfürsorge-Bewegung steht, wird das inhaltsreiche, 
anregend geschriebene Buch unbefriedigt aus der Hand legen. 
[Die Besprechung ist schon vor Kriegsausbruch gefertigt.] 
München. Landgerichtsrat Rupprecht. 
Dr. Jos. Bollmann, Das Staatsrecht der Freien Hansestädte 
Bremen und Lübeck. Band XXVII aus „Das öffentliche Recht 
der Gegenwart“, herausgegeben von HUBER, JELLINEK, LABAND und 
Pırorty. Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1914. Gr.-Okt. VIII 
u. 219 S. geh. M. 7.—; geb. M. 9.—. 
Das öffentliche Recht der deutschen Stadtrepubliken wird stets das 
Interesse des Juristen finden. Fürs erste zeigt es besonders deutlich, wie 
eigenartige wirtschaftliche Verhältnisse die Bildung des öffentlichen Rechtes 
beeinflussen. Fürs zweite beweist es, wie die feste staatliche Einheit des 
Deutschen Reiches mit der Wahrung der Individualitäten der deutschen 
Stämme vereinbar ist. , 
Wenn auch der Verfasser seine ursprüngliche Absicht, das Staatsrecht 
aller drei Hansestädte gemeinsam zu behandeln, aufgegeben hat und sein 
Buch sich auf Bremen und Lübeck beschränkt, so wird doch durch den
	        
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