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ausgehenden dritten Jahrhunderts auch wieder eine Lücke, die mancher
gerade vom historischen Standpunkt aus beklagen wird: der Sprung vom
klassischen Recht zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuch ist zu gewaltig
und wird durch die kurzen geschichtlichen Anknüpfungen im zweiten
Bande nicht in der erforderlichen Weise ausgefüllt. Aber der Traum
einer Geschichte des Gemeinen Rechts wird uns wohl sobald nicht in Er-
füllung gehen.
Aus dem Gebiete des Privatrechts mag noch kurz erwähnt werden, daß
die Abhandlung über das Verhältnis des Reichsrechts zum Landesrecht von
STRANZ eine ergänzende Neubearbeitung von UNZNER erfahren hat und
daß der — freilich allzudürftige — VEHsche Ueberblick über das russische
Privatrecht ganz gestrichen worden ist. Mögen sich dafür raumökonomische
Gründe anführen lassen: mir ist das Fehlen jeder Erörterung über das
Recht der Slaven bedauerlich und gerade die gegenwärtigen Zeitläufe
scheinen mir seine Berücksichtigung besonders nahe zu legen. Nicht als
ob das mit Dolch und Revolver arbeitende Slaventum berechtigt wäre, als
Träger besonders hoher Kulturwerte von uns beachtet zu werden; aber es
ist schließlich doch wohl einleuchtend, daß die gegenwärtigen Kämpfe
das Augenmerk des europäischen Westens in immer stärkerem Maße auf
die Völker des Ostens lenken, die für uns die wirkliche östliche Gefahr
bedeuten, eben weil sie in unseren Kulturkreis hereinzukommen streben,
und daß deshalb für uns Veranlassung besteht, uns mit ihrer Eigenart
und vor allem auch mit ihrem Rechte wenigstens einigermaßen bekannt
zu machen. — Die in dieser Beziehung bestehende Lücke wird auf anderem
Gebiete dadurch ausgeglichen, daß das Urheberrecht in einer Bearbeitung
von OSTERRIETH und das von MarTın WOoLFr behandelte Privatversiche-
rungsrecht zum ersten Male in die Enzyklopädie aufgenommen sind. Neu
ist auch eine Abhandlung über das Börsen- und Bankwesen von TRUMPLER
(die zugleich an die Stelle des Aufsatzes über das Recht der Hypotheken-
banken von HEcHT in der vorhergehenden Auflage getreten ist), während
die Bearbeitungen des Handels-, Wechsel- und Scheckrechts, des Zivil-
prozeß- und Konkursrechts dieselben geblieben sind.
Noch erheblicher sind die Neugestaltungen auf dem Gebiete des Staats-
und Verwaltungsrechts. Hier ist das Verwaltungsrecht E. v. MEIERs er-
setzt durch eine umfangreiche Darstellung der allgemeinen Lehren des
Deutschen Verwaltungsrechts von SCHOEN, des Gewerberechts von FLESCH
und HıLLer, des Verkehrsrechts von E. BLUME und des Polizeirechts von
DocHow, während das Arbeiterversicherungsrecht von Lass seine Stelle
behalten hat.
Auf dem Gebiete des Kriminalrechts sind neben das aus der früheren
Auflage herübergenommene Strafrecht von WACHENFELD und das Straf-
prozeßrecht und Kriminalpolizeirecht von BELING eine Neubearbeitung des
Militärstrafrechts von HEINRICH DiETZ und eine Abhandlung über Ge-