Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

— 246 — 
zwei einzelne Staaten beschränke, könne nur als eine Vorstufe 
anerkannt werden. Eine solche Lage der Dinge sei ebenso unbe- 
friedigend, wie es sein würde, wenn innerhalb eines Staates die 
streitenden Parteien darauf angewiesen wären, sich freiwillig über 
eine schiedsgerichtliche Entscheidung zu verständigen, oder wenn 
die Gerichte nur für bestimmte Gruppen von Staatsbürgern be- 
ständen. Die höhere Einheit des Menschengeschlechtes, die trotz 
aller Differenzierung und Zerlegung in einzelne Völker vorhanden 
sei, erfordere eine Organisation, die der des Einzelstaates nach- 
gebildet sei. Sie müsse darin bestehen, daß Streitigkeiten vor 
Organen zur Entscheidung gelangten, die im voraus für alle vor- 
kommenden Fälle und für alle Staaten gebildet und so zusammen- 
gesetzt seien, daß sie eine Gewähr für eine dem sittlichen Recht 
entsprechende Entscheidung böten. Sei diese Vorbedingung er- 
füllt, so dürfe darauf gerechnet werden, daß der Staat, gegen den 
die Entscheidung ausfalle, sich ihr ohne Widerspruch unterwerfe. 
Sollte das aber nicht geschehen, so müsse der Staatenbund die 
Durchführung des abgegebenen Spruches mit Gewalt erzwingen. 
IV. 
Gegen diesen Gedankengang sind eine Reihe von prinzipiellen 
und praktischen Einwendungen erhoben. 
In erster Linie wird geltend gemacht, es sei unzulässig, das 
Verhältnis zwischen mehreren Staaten auf dieselbe Stufe zu stellen 
mit demjenigen der Untertanen eines Staates untereinander. Ueber 
diesen stehe eine von ihrem Willen unabhängige Gewalt, die ihre 
Befugnis, Streitigkeiten zu entscheiden, nicht von der Zustimmung 
der Streitenden, sondern aus eigenem Rechte herleite und die 
außerdem die Macht besitze, die Befolgung ihrer Anordnungen 
zu erzwingen. Beides treffe nicht zu für selbständige Staaten in 
ihren gegenseitigen Beziehungen. Insbesondere sei es ausge- 
schlossen, daß, wenn große Mächtegruppen untereinander in einen 
Gegeisatz gerieten, die kleinen Staaten imstande wären, einen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.