Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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man einen Rechtszustand, wie er heute besteht, für ebenso utopisch 
gehalten haben, wie dies in der Gegenwart gegenüber den Be- 
strebungen der Friedensbewegung geschieht. Gewiß sind die Ver- 
hältnisse innerhalb eines einzelnen Staates von den internationalen 
Beziehungen wesentlich verschieden, aber der Grundzug der Ent- 
wicklung zeigt sich doch auch hier. Galt es bei den Naturvölkern 
als selbstverständlich, daß Kriege lediglich zum Zwecke des Beute- 
machens unternommen wurden, war im alten Rom der Kriegszu- 
stand der normale, so daß es eine Ausnahme darstellte, wenn der 
Janustempel einmal geschlossen war, bildeten bis in die neuere 
Zeit hinein Kabinettskriege, die aus den persönlichen Launen der 
Fürsten entsprangen, die Regel, fehlte also dem Kriege fast immer 
eine ihr bis zu einem gewissen Grade rechtfertigende prinzipielle 
Grundlage, so ist das heute bereits wesentlich anders geworden. 
Im allgemeinen entsteht ein Krieg dadurch, daß große welt- 
geschiehtliche Gegensätze aufeinanderstoßen, und daß des- 
halb beide Parteien das Gefühl haben, für eine gerechte Sache 
zu kämpfen. 
Aber gerade in dieser Beziehung muß gegen die Friedens- 
bewegung ein Vorwurf erhoben werden, nämlich daß sie durch 
einen an sich anerkennenswerten Idealismus verleitet wıra, dieses 
relative Recht der modernen Kriege nicht ausreichend zu wür- 
digen. Auf der anderen Seite zeigt jedoch die angedeutete Ent- 
wicklung auf dem Gebiete des Krieges im Sinne des Friedens- 
ıideals eine gewisse aufsteigende Richtung, die es nicht als unge- 
rechtfertigt erscheinen läßt, einen weiteren Fortschritt von der 
Zukunft zu erhoffen. Hat die Bewegung sich ein zu hohes Ziel 
gesteckt, so soll man sie nicht darum grundsätzlich bekämpfen, 
sondern es als Aufgabe ansehen, eine Klärung herbeizuführen 
und auf eine etwaige durch sie gebotene Einschränkung des Pro- 
grammes hinzuwirken.
	        
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