Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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Man wird über das, was als Ziel überhaupt in Frage kommen 
kann, am besten Klarheit gewinnen, wenn man nicht ausgeht von 
abstrakten Erwägungen, sondern von den realen Tatsachen, indem 
man die wichtigeren Kriege der neueren Zeit daraufhin prüft, 
welche Streitfragen zu ihrem Ausbruche Veranlassung gegeben 
haben. 
Schon bei dem siebenjährigen Kriege, obgleich bei ihm noch 
gewisse Erscheinungen der Kabinettskriege hervortraten, handelte 
es sich doch bereits um einen großen historischen Gegensatz, 
nämlich um die Frage, ob in Deutschland der Schwerpunkt der 
Macht in der Hand des alten und immer kraftloser gewordenen 
österreichischen Kaisertums liegen, oder ob dieses abgelöst werden 
solle durch das emporstrebende und modernen Gedanken zu- 
gänglichere Preußen. Die Kriege Napoleons entsprangen dem 
Streben nach Weltherrschaft, aber dieser Gewaltmensch war doch 
zugleich auch der Träger neuer großer Ideen. Umgekehrt rich- 
teten sich die Befreiungskriege gegen die Autokratie eines Ein- 
zelnen und das Uebergewicht eines einzigen Volkes. In Deutsch- 
land drängte dann der zwischen Oesterreich und Preußen bestehende 
und auf die Dauer unmögliche Dualismus zu einer Scheidung, und 
sie wurde erzielt durch den Krieg von 1866. Der deutsch-fran- 
zösische Krieg von 1870 war erforderlich, um die gewonnene 
deutsche Einheit gegen die Eifersucht des Auslandes zu vertei- 
digen. Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg wollte eine neue 
Welt mit anderen Gedanken und Einrichtungen, als sie in der 
alten bestanden, auf eigene Füße stellen. Der Sezessionskrieg 
bedeutete, abgesehen von dem Streitpunkte der Sklaverei, eine 
Auseinandersetzung zwischen den agrarisch-feudalistischen An- 
schauungen des Südens und den individualistisch-freiheitlichen des 
Nordens. Japan ist seit 1878 in eine völlig neue Periode seiner 
Geschichte eingetreten. Es war innerlich eine Großmacht ge- 
worden und mußte in dem Kriege gegen Rußland die öffentliche
	        
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