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einem Staate entsandten Mitglieder in eine peinliche Lage kommen
würden, wenn sie bei einem Streite mitwirken sollten, an dem
dieser Staat beteiligt ist. Sie werden deshalb in solchen Fällen
auszuscheiden haben.
Von großer Bedeutung ist die Frage, ob das eingesetzte Organ
seine Tätigkeit nur dann entfalten soll, wenn beide Parteien es
wünschen, oder auch dann, wenn nur eine von ihnen es fordert,
oder endlich ganz unabhängig von einem Antrage.
Es wird zwischen dem Schiedsgerichte und dem Eini-
gungsamte zu unterscheiden sein, und zwar wird auch hier das
Gesetz über die Gewerbegerichte einen brauchbaren Ausgangspunkt
bieten: Die Gewerbegerichte haben, soweit es sich um Rechts-
fragen handelt, einerseits nur auf Antrag tätig zu werden, aber
andererseits genügt der Antrag der einen Partei; die andere ist
gezwungen, an dem eingeleiteten Verfahren sich zu beteiligen. Im
Gegensatze dazu soll das Einigungsamt seine Vermittlung lediglich
nach seinem Ermessen, also überall da anbieten, wo es sich von
ihr einen Erfolg versprieht. Auf der andern Seite ist seine wei-
tere Tätigkeit davon abhängig, daß beide Teile sich zu Verhand-
lungen bereit erklären.
Etwas ähnliches ist auch für die internationalen Streitigkeiten
zu empfehlen. Es muß also beiRechtsfragen der Antrag einer
der beiden Parteien abgewartet werden. Aber das Verfahren ist
auch dann einzuleiten, wenn die andere Partei ihre Mitwirkung ab-
lehnen sollte. Der Unterschied gegenüber privaten Streitigkeiten
besteht nur — abgesehen von der fehlenden Vollstreckung — darin,
daß das Gericht von der Abgabe eines Schiedsspruches in solchen
Fällen Abstand nehmen kann, wenn es, insbesondere wegen unge-
nügender Beweiserhebung, nieht in der Lage ist, ein festes Urteil
zu gewinnen. Bei Interessenfragen dagegen soll das Eini-
gungsamt für sein Eingreifen keinen Antrag abwarten, sondern
die Parteien zur Erklärung darüber auffordern, ob sie bereit sind,
sich an Ausgleichsverhandlungen zu beteiligen.