Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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kannt sind!. Verfassungs- und Verwaltungsrechtsgesetze entbehren 
selbst dieser problematischen Wegweiser. Es fehlt also an siche- 
ren Kriterien des Bestandes eines Maßes, an dem gemessen wer- 
den soll und darf. Darum ist auch der logisch formale Nachweis 
einer verfehlten Messung in weitem Umfange nicht möglich, ein 
Gesichtspunkt, der bei der gesetzlichen Regelung der Syndikats- 
haftung für richterliche Fehlgriffe eine praktisch wichtige Rolle 
spielt. Muß alles Tun und Lassen, um rechtmäßig zu sein, erlaubt 
sein oder genügt es, daß es nicht verboten ist? Gibt es still- 
schweigende Gesetze nach Art der sogenannten stillschweigenden 
Willenserklärungen? Ist Stillsehweigen Erlaubnis? Gibt es, 
wie $ 16 des österr. allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs von 
subjektiven Rechten sprieht, die schon durch die Vernunft 
einleuchten, auch einen schon durch die Vernunft einleuchtenden 
und darum eines besonderen Ausdrucks nicht bedürf- 
tigen Willen des Staates, zu handeln und und zuexe- 
quieren? Bedarf es z. B. für die Zuständigkeit der Gerichte und 
Verwaltungsbehörden zur Auslegung von Verfassungs- und Ver- 
waltungsrecht einer sie begründenden Norm oder bilden die Aus- 
legungsregeln der Privat- und Strafrechtsgesetze nur eine von der 
Selbstverständlichkeit der Auslegungsbedürftigkeit jeder 
Norm ausgehende Instruktion? Es nützt wenig, die aufgestellte 
Norm als Willen des Staates, zu handeln und zu exequieren, zu 
erklären, wenn kein Aufschluß darüber geboten wird, wie viel 
wir als selbstverständlich von dem Staate gewollt anzusehen 
haben, wie viel wir aus seinem die Voraussetzung des Willens, zu 
handeln, bildenden Willen, zu bestehen, folgern dürfen? Be- 
jahen wir die Zulässigkeit der Entwicklung von Rechtssätzen aus 
staatsbiologischen Gesichtspunkten und erklären wir solche Rechts- 
  
2 Vgl. die Entwicklungsstadien von UnGERs System des österreichischen 
allgemeinen Privatrechts I (1868) S. 81 ff. bis auf WALTER JELLINEKS, Ge- 
setz, Gesetzanwendung und Zweckmäßigkeitserwägung (1913) S. 163 ff., 
267 ff.
	        
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