Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

— 289 — 
Kaiserlichen Regierungsakten, im Hinblick auf das Bedürfnis, den 
Staat nicht dem turbulenten Treiben intransigenter Parteien 
zu opfern, mit Sicherheit vorherzusagen. Wie schwach die stüt- 
zende Kraft des Rechtsmaßes ist, bekundet auch jedes Handbuch 
oder System eines positiven Rechts, das, wohin man immer mit 
der Nadel mit geschlossenen Augen stechen mag, Kontroversen 
entwickelt, bekundet das Schwanken des Richters von der ersten 
Ueberlegung bis zur Entscheidung, das Schwanken der kollegialen 
Beratung von ihrem Beginne bis zu ihrem Abschluß, das Schwan- 
ken der Rechtsprechung im Ganzen, die Spannung der Rechts- 
kundigen über den Ausgang eines selbst nur auf eine Rechts- 
frage hinauslaufenden Prozesses. Sehr bezeichnend, wenn auch 
in barbarischem Deutsch, spricht das Handschreiben MARIA 
THERESIAs vom 1. Mai 1749, mittels dessen die oberste Justiz- 
stelle ins Leben gerufen wurde, von den in Streitsachen 
zu verfallen das Unglück habenden Parteien. Zu den 
größten Risiken gehört das Prozeßrisiko. Gilt dies von jenen 
Normen, deren Urhebern jede Neigung zum Orakelhaften fern lag, 
so wird eine breite Bahn für die Entwicklung der Norm a pos- 
teriori eröffnet, durch die bewußt dunkel gelassenen, kompro- 
missarischen, diplomatischen Formeln, die für die Erledigung der 
ständischen Beschwerden, für das konstitutionelle Staatsrecht, es 
mag sich wie das englische oder ungarische an das ständische 
angliedern oder in einer ganz modernen Kodifikation niedergelegt 
sein, so bezeichnend sind !®. Lehrreiche Beispiele hiefür bieten die 
Frage des Budgetkonflikts, über die das positive Staatsrecht mit 
der Sprache nicht herausrücken will, die augenscheinlich bewußten 
Antinomien der österreichischen Dezemberverfassung in betreff 
der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem Reichsrat und 
den Landtagen, die Stellung der österreichischen und der ungari- 
schen Gesetzgebung des Jahres 1867 in betreff der staatsrecht- 
10 Vgl. auch WALTER JELLINER a. a. O. S. 167.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.