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fürsorge führen können, steht ihr auch eine Fülle von verschie-
denartigen Mitteln zur Erfüllung ihrer Aufgabe zu Gebote. Die
Notwendigkeit durchaus individualisierender Handhabung des Voll-
zugs beruht darauf, daß ohne genaues Studium des Einzelfalls,
insbesondere des inneren und äußeren Werdegangs des Berechtig-
ten, der bisherigen Berufsausübung, der Art und der Wirkungen
der Kriegsbeschädigung, der Familienlage u. a. kein klares Urteil
über die Art der anzuwendenden Fürsorgemittel zu gewinnen ist;
dieses eingehende Studium ist auch für eine getreue, erschöpfende
Beschreibung des einzelnen Fürsorgefalls, wie sie unten gefordert
werden wird, unentbehrlich.
Die individualisierende Behandlung des einzelnen Fürsorge-
falls und seines Trägers legt die Gefahr des Subjektivismus und
der Willkür nahe. Als Korrektiv hiefür ist eme feste Rechtsord-
nung zu fordern, die materiell und prozessual gleiches Recht für
Alle schafft, ohne den Fürsorge-Instanzen die durchaus nötige
Bewegungsfreiheit innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu nehmen.
Wie bei allen Wissenszweigen, die dem Bedürfnis des rea-
len Lebens dienen, verbinden sich auch im Gebiet der Kriegs-
fürsorge Theorie und Praxis in gegenseitiger Wechselwirkung.
Hier gilt es, aus dem in verwandten Gebieten Vorhandenen zu
rascher Befriedigung des bereits gegebenen und sich noch
steigernden Bedürfnisses diejenigen Rechtsgedanken zu entnehmen,
die sich nach der Eigenart des Kriegsfürsorgerechts auf dieses
übertragen lassen; im übrigen aber müssen Inhalt und For-
men für das neue System der Kriegsfürsorge frei erfunden wer-
den. Diese letztere Notwendigkeit mahnt zur Vorsicht. Es wird
an manchen Stellen wohl zweckmäßig sein, in einem zur Rege-
lung der Kriegsfürsorge zu erlassenden Reichsgesetz nur Rechts-
grundsätze aufzustellen und Ansprüche prinzipiell anzu-
erkennen, die Ausführung dieser Rechtsgrundsätze und die
organische Ausgestaltung derAnsprüche durch
Rechtsnormen aber dem Bundesrat zu überlassen. Ein Vor-