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Aber die gesetzliche Vertretungsmacht selbst ist ihrem juristi-
schen Wesen nach nicht wieder eine Befugnis, d. h. ein „Han-
delndürfen*, sondern Macht, d. h. „Wirkenkönnen“ !#, Die Be-
fugnis bezeichnet nur, wie HUPKA !* treffend hervorhebt, die Er-
laubtheit, die Rechtlichkeit einer Handlung im Gegensatz zur
Unerlaubtheit, Widerrechtlichkeit; sie ist ein Dürfen im
Gegensatze zum Nichtdürfen. Dagegen ist Macht das Ver-
mögen, eine Rechtshandlung mit Erfolg vorzunehmen; sie ist ein
rechtliches „Können“ im Gegensatz zum Nichtkönnen, das
zwar gewöhnlich das Dürfen (die Befugnis) in sich schließt, je-
doch möglichenfalls auch ohne dieselbe auftritt.
Die gesetzliche Vertretung gibt dem Vertreter ein Recht, aber
keine Fähigkeit!®. In der Gleichsetzung von Vertretungsmacht
und Fähigkeit !'® liest m. E. der ureigne Grund, der v. TUHR dazu
bestimmt hat, von einer „Exklusivität“ bei der auf gesetz-
licher Verleihung beruhenden Vertretung zu sprechen'5°. Wenn
man mit V. TUHR die dem Gestor auf Grund eines gesetzlichen
Tatbestandes (des obrigkeitlichen Bestellungsakts beim Vormund)
146 HupkA S. I N.1; v. Tuner 8, 164.
147 HupKaA 8. 21. Dagegen ist die dem Vormund vom Vormundschafts-
gericht zum Abschluß von Rechtsgeschäften erteilte Genehmigung eine
Fähigkeitsverleihung: Joser, Komm. 2. Aufl. (1906) zu $ 32 Anm. 7.
148 So vor allem KoRMANN, Syst. S. 83ff, S. 85 und W. JELLINER
S. 46 ff. — Dagegen ist das Produkt der Bevollmächtigung kein sekundäres
subjektives Recht; sie ist aber auch nicht eine bloße Befugnis, ebensowenig
eine bloße Möglichkeit zur Stellvertretung, wie noch LABAND, Z. f.HR. X
(1866) S. 200, 212 behauptet: vgl. v. Tumr, Die unwiderrufliche Vollmacht
(Festschrift für LABAND, Straßburg 1908) 8. 59. Manıck 8.93. Eigene Rechte
haben nur die auf Grund gesetzlicher Verleihung zur Vertretung ermäch-
tigten Personen, insbes. der Inhaber der elterlichen Gewalt ($$ 1627, 1682)
und der Vormund ($ 1793). Daher besteht der Unterschied zwischen den
beiden Akten der Stellvertretung nicht, wie HupkA (S.6) meint, ledig-
lich in dem Grund der Vertretungsmacht (Gesetz oder Bevollmächtigung),
sondern vor allemin den Wirkungen der gewillkürten oder gesetzlichen
Ermächtigung.
14 v. Tuar 18. 164; Vollmacht S. 61.
150 v, TuHmr I S. 169 und Vollmacht S. 46, 61 N.1. Falsch auch ARON
bei GRUCHOT 45, S. 607 fl.