Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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Krieg haben verwirren lassen. In der Vorrede zu der kleinen Schrift über das 
Seekriegsrecht hat er sich gegenüber dem englischen Sprichwort Right or 
wrong my country zu der Auffassung bekannt, die KARL SCcHURZ dem Na- 
tionalismus dieses Mottos entgegengehalten hat: man muß sein Land im 
Recht erhalten, wenn es im Rechtist; wenn es sich aber im Unrecht be- 
findet, muß man es zum Recht führen. Das ist ja auch, was wir von den 
Juristen der feindlichen Völker erwarten — eine Erwartung, die uns zu 
viel schmerzlichen Enttäuschungen führen mag, die uns aber dennoch und 
bis ans Ende verpflichtet selbst das zu tun, was wir vom Gegner fordern. 
WEHBERG hat durch die Ablehnung des englischen Wahlspruchs und durch 
seine Schriften selbst auch gezeigt, daß er sogar im Krieg dem sachlich- 
wissenschaftlichen Urteil des Einzelnen über Recht und Unrecht des ganzen 
Volkes die Geltung wahrt. Daß die Zensur der militärischen Verwaltung 
politisch durch ihren Zweck gerechtfertigt ist, bedeutet noch nicht die Un- 
freiheit der Meinung im Land; wir legen Wert darauf, anerkannt zu sehen, 
daß die Aeußerungen der deutschen Gelehrten da, wo sie mit der Politik 
und den militärischen Zielen des Reichs übereinstimmen, als freie Ueber- 
zeugung, gedeckt durch das wissenschaftliche Ansehen derer, die sie getan 
haben, gewürdigt werden; wir müssen demnach die Freiheit der Ueberzeu- 
‚gung überall hochhalten und können die Schranken, die ihrem Bekannt- 
werden jetzt gesetzt sind, nur als äußeren Zwang, nicht als innere Not- 
wendigkeit begreifen. 
WEHBERG hat schon vor dem Krieg an der Besserung des Seekriegs- 
rechts in unermüdlicher literarischer Tätigkeit mitgearbeitet; wenn er her- 
vorhebt, wie in diesen letzten Jahren Deutschlands Bestrebungen auf Schaf- 
fung eines gemeinverbindlichen Seerechts und eines internationalen Prisen- 
gerichtshofs an den englischen Widerständen gescheitert sind, so ist das 
mehr als die landläufige Anschuldigung gegen England; WEHBERE hat sich 
selbst um die Verständigung bemüht; er hat durch Klarstellung des bis- 
herigen Beuterechts in seiner bekannten 1909 erschienenen Schrift wesent- 
lich dazu beigetragen, daß die Erkenntnis, so gehe es nicht weiter, sich 
bei den Juristen — auch den besten Juristen Englands — befestigte; er 
hat sogar damals gerade auf die „Lusitania“ hingewiesen, die nach diesem 
alten Recht der Zerstörung anheimfallen könne, und hat an die der Lon- 
doner Deklaration Widerstrebenden appelliert, sie sollten sich die Vernich- 
tung eines solchen Riesendampfers vor Augen halten — der Mahner, des- 
sen Stimme von den „Realpolitikern“ des englischen ÖOberhauses freilich 
nicht verstanden werden konnte, ist jetzt gewiß berechtigt, auf die Ernst- 
lichkeit und — im besten Sinn des Wortes genommen — Menschlichkeit 
der deutschen Bestrebungen hinzuweisen. 
Ist die Rechtfertigung, die WEHBERG dem deutschen Unterseebootskrieg 
und der Seesperre gegen England als einer zulässigen Vergeltung gegen 
England und Mahnung an die Neutralen zuteil werden läßt, heute durch 
die weiteren Kriegsentwicklungen zum Teil überholt, so ist der Gegen-
	        
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