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So geht HorAcKER dann, insbesondere auf Grund der Arbeiten von
(GOLDSCHMIDT, dazu über, das Gebiet des Verwaltungsstrafrechts zu um-
grenzen (S. 103—152). Da die strafrechtlichen Bestimmungen im Verhält-
nis zum Verwaltungsrecht Nebensache seien, müßten sie diesem über-
lassen werden, nicht umgekehrt die Verwaltungsregelung dem Strafrecht.
Um das bereits jetzt in Deutschland den Verwaltungsbehörden überlassene
Gebiet der verwaltungsrechtlichen Ordnungsstrafen, insbesondere im Ver-
sicherungsrecht, habe sich das neue Verwaltungsstrafrecht zu bilden. Die
Verwaltungsstrafen würden von der Verwaltung gehandhabt und dienten
deren Zwecken. Dies sei nach $ 3I EG. z. RStPO. möglich. Auch das
Polizeistrafverfügungs-Verfahren unterscheide sich schon jetzt wesentlich
vom eigentlichen Strafverfahren, insbesondere gelte der Verfolgungszwang
nicht (S. 127) und für den Satz: Ne bis in idem! stehe die Strafverfügung
dem Urteil nicht gleich. Auch Oesterreich habe ein umfassendes Ver-
waltungsstrafrecht.
Während nun an sich in Deutschland Rechtslehre und Rechtsausübung
diesen Gedanken nicht unfreundlich gegenüberstehen (vgl. z. B. KRAFT in
der DRZ. 1913 8. 906 und 1915 S. 670 £.), insbesondere weil ein Unterschied
bestehe zwischen dem gegen den Bestand des Staates und der Gesellschaft
gerichteten Unrecht und leichteren Uebertretungen, sieht HoFACKER als
ein besonderes Hindernis des Verwaltungsstrafrechts die beabsichtigte Re-
gelung der Uebertretungen im neuen Strafgesetzentwurf an und kämpft
dagegen in einer zum Teil auch der Ferm nach zu weit gehenden Weise.
Abschließend läßt sich in diesem Rahmen zu der schwierigen Frage
nicht Stellung nehmen. Das Ordnungsstrafrecht, das HoFACKER als den
Kern des neuen Verwaltungsstrafrechts betrachten will, ist wesensverschieden
von dem allgemeinen Strafrecht, aber auch von dem eigentlichen Verwal-
tungsstrafrecht, das Recht der polizeilichen Strafverfügung ist ein abge-
kürztes, außerordentliches Verfahren, das wie das Strafbefehlsverfahren
überhaupt der gerichtlichen Entscheidung nicht vorgreift; damit recht-
fertigt sich auch die Abweichung für den Satz: „Ne bis in idem!“ So
bleibt von der durch HoOFACKER vorgenommenen Umgrenzung seines Ge-
bietes nicht viel übrig. Dennoch spricht, wie bereits hervorgehoben wurde,
viel für die Abtrennung des polizeilichen Unrechts vom Strafrecht. Ob sie
durchdringt, muß der Zukunft überlassen bleiben.
Zweibrücken Silberschmidt.
München.
Dr. Philipp Heck, ord. Prof. an der Universität Tübingen, Gesetzes-
auslegung und Interessenjurisprudenz. Tübingen
Verlag von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1914. 319 S. S.
Unter der großen Anzahl von Untersuchungen, die das letzte Jahr-
zehnt zur Frage, wie Gesetze richtig auszulegen seien, gebracht hat, nimmt