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geschah jedoch erst ganz am Schlusse des Reichstages und ist
der Ausgangspunkt mancher Debatte geworden.
Als nämlich die Stände am 10. Oktober 1722 dem König ihre
auf die ersten 67 Artikel bezüglichen Beschwerden und Forde-
rungen (gravamina et postulata) unterbreiteten, wollte die unga-
rische Hofkanzlei dem Herrscher die in Artikel 4 und 6 der „gra-
vamina“ enthaltenen Wünsche der besseren Form wegen mit den
beiden ersten Thronfolgeartikeln verschmolzen unterbreiten 0. Auf
diese Art wollten die Stände ein Grundgesetz schaffen, welches
der im Königseid enthaltenen Revisionsklausel vom Jahre 1687
gegenüber auch für spätere Reichstage unabänderliche Gültigkeit
besitzen sollte. Dieses Grundgesetz hätte im Sinne der obigen
Artikel die Regulierung der Thronfolge, Punkt für Punkt die Be-
kräftigung der Adelsprivilegien und den Wirkungskreis der Pala-
tinalgewalt enthalten und hätte sich nicht mit der allgemeinen
Bekräftigung der Adelsprivilegien im Artikel 1 begnügt. Manna-
getta gab sich jedoch bei Hof alle Mühe, das am 17. Juli im Hin-
blick auf die Thronfolgeartikel erzielte Resultat zu verteidigen.
So erregte er hauptsächlich deswegen in dem König hinsichtlich
der Umänderung des Textes nicht geringe Bedenken, weil die
Stände von einem gegenseitigen, beide Teile bin-
denden Vertrag sprachen, d.h. sie forderten für die
Annahme der Thronfolge vom Könige hinwieder die Bekräftigung
der Adelsprivilegien*'. Nach Mannagetta hätte dies jedoch der
* S. die Bemerkungen MANNAGETTAs zu den am 10. Oktober 1722
uuterbreiteten Beschwerden. Auf verschiedene Blätter eigenhändig ge-
schrieben im Allgemeinen Archiv des k k. Ministeriums
des Innern Wien sub „Fremde Gegenstände 2 ex 1723 (Karton 26 und
27)“. In zwei Exemplaren, die nur in orthographischer Beziehung abwei-
chen. Mitgeteilt von TURBA, Die pragmatische Sanktion. S. 196.
4 „Interea tamen addidit [sc. Cancellaria Hungarica] particulam vi-
cissim, id est, quod erga declaratam et oblatam a Statibus successionem
Sua Majestas vicissim confirmet privilegia nobilitaria: quod non saperet
liberam et spontaneam oblationem, sed contractum ultro citro-
queobligatorium: facio, ut facias“. Ebenda. S. 197.