Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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Königs- oder Reichsbeschluß (deeretum regis seu regni) zu fassen, 
der (im Hinblick auf die äußere Form) in Gestalt eines Privile- 
giums®® vom König gesiegelt (später auch unterfertigt), d. h. sank- 
tioniert und dem Reichstage feierlichst übergeben wurde. Das 
war die sogenannte solennis editio, d.h. promulgatio 
(Ausfertigung) der Gesetze, die in der Überprüfung des 
Zustandekommens, der materiellen Identität des Gesetzes und ın 
der authentischen Feststellung seiner Wahrhaftigkeit bestand. 
Auf diese Art und Weise konnte sich der Reichstag von der Ge- 
setzmäßigkeit des ganzen Gesetzgebungsaktes überzeugen, sowie 
auch davon, ob der verkündigte Gesetzestext mit dem von ihm ge- 
faßten Beschlusse übereinstimmt. Diese solennis editio oder pro- 
mulgatio bedeutete aber bei uns damals zugleich die rechts- 
kräftige Verkündigung des Gesetzes, auch die Publikation 
der Gesetze im heutigen Sinne, d. h. von hier an zählte 
die Gültigkeit derselben. Die Rechtsgrundlage der Publikation 
auf dem Reichstage war die, daß man die Verkündigung vor dem 
Reichstage, der die Gesamtnation vorstellte, als eine vor der gan- 
zen Nation geschehene betrachtete®®. Freilich verordnet der GA. 
86 Vgl. hiezu JOSEF ILL£s, Bevezetes a magyar jog törtenetebe. [Ein- 
führung in die Geschichte des ungarischen Rechts.] Budapest 1910, 8. 59. 
— STEFAN R. Kıss, Az elso magyar közjog. [Das erste ungarische Staats- 
recht.] (Szazadok. Jahrg. XLVIII, Budapest 1914.) S. 368. 
87 JuLıus Jo6, A magyar törveny fogalma es jogi termeszete. [Der Be- 
griff des ungarischen Gesetzes und seine rechtliche Natur.] Kecskemet 
1908—10, 8. 24, 214f. — Über die Besprechung dieses Werkes s. ÜSEKEY, 
A magyar törveny. [Das ungarische Gesetz.] (Magyar Tärsadalomtudomänyi 
Szemle. Jahrg. VI, Budapest 1913.) S.57f. — Die Ansicht LIEBENOws 
(Die Promulgation. Berlin 1901, S.73.), daß die Vorlegung und Verlesung 
der sanktionierten Gesetze im Reichstage bei uns nicht zugleich die Fest- 
stellung ihres Zustandekommens auf verfassungsmäßigem Wege, sondern 
einfach ihre Verkündigung war, stimmt bloß für die Zeit von 1836—1868. 
s8 Ein derartiges formelles Verkündigungsverfahren fand auf dem alten 
deutschen Reichstage statt und ist auch heute im englischen Parlament 
gebräuchlich. (S. hierüber ausführlicher LABAnp, Das Staatsrecht des 
Deutschen Reiches. 5, Aufl. Tübingen 1911—14, Bd.II, S. 14 f. — LIEBENOw
	        
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