Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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In Bezug auf seine rechtliche Natur war es dasselbe, wie heute 
der vom König unterfertigte und gesiegelte, somit sanktionierte 
Text des ihm unterbreiteten Reichstagsbeschlusses. Dies ist das 
erste, sanktionierte Gesetzexemplar. Heute wird 
bloß dieses einzige vom König unterschrieben und kommt dann 
in das Landesarchiv, wo es mit den übrigen, sanktionierten Ori- 
ginalgesetzartikeln zusammen besonders bewahrt wird!"!. Dazu, 
daß dieses sanktionierte Gesetz in Rechtskraft erwachse, dient noch 
ein Verwaltungsakt: die Verkündigung. Diese geschieht 
heute durch Eintragung in das Reichsgesetzblatt (Orszägos Tör- 
venytär)1%, während sie im Jahre 1723 durch Versendung an die 
Komitate und Behörden vor sich ging. Nur ist es heute, da das 
Reichsgesetzblatt (Orszägos Törvenytär) allgemein glaubwürdig 
1185 des GA. LXVI: 1881. 
102 Die wörtliche Übersetzung von Orszägos Törvenytär heißt 
Reichsgesetzsammlung. Die vom kgl. ung. Ministerium des 
Innern veranstaltete deutsche Ausgabe der ungarischen Gesetze führt auch 
den Titel Reichsgesetzsammlung. (Früher unrichtig: Landes-Ge- 
setzsammlung.) Dem ungarischen orszäg entspricht im Deutschen eher 
derAusdruck Reich (obwohl dies sonst birodalom bedeutet); während 
das Wort Land in der Bedeutung von tartomäny den Begriff der Pro- 
vinz deckt. Land kann für den Ausdruck orszäg nur in der Bedeu- 
tung gebraucht werden, wie Deutschland = Deutsches Reich. (Es wird 
2. B. gesagt: Landesarchiv = Orszägos Leveltär, aber Reichstag 
= orszäggyüles. Landtag heißt schon tartomänygyüle. Z.B. 
der Landtag von Kroatien. TuRBAs Ansicht, daß von einem ungarischen 
Reichstag erst seit dem Beitritt Siebenbürgens [1848] gesprochen wer- 
den kann, ist demzufolge nicht beizupflichten. [Im Pester Lloyd vom 30. Ja- 
nuar 1916, Morgenblatt, S. 9.] Im ungarischen Sprachgebrauch wird der 
Ausdruck Reichstag sowohl für den ungarischen, als auch für den da- 
maligen siebenbürgischen Gesetzgebungskörper angewendet. Die Schwierig- 
keit stammt daher, daß die Ausdrücke Reich und Land überhaupt keine 
Rechtsbegriffe sind. Vgl. FERDINANDYy, Orszäg €s kirälysäg. [Land und König- 
reich.] [Budapesti Szemle. Bd. CXV, Budapest 1903.] S. 53 f. — Vgl. noch 
die nicht ganz einwandfreien Auslegungen ZOLGERs, Der staatsrechtliche 
Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn. Leipzig 1911, S. 96 f. — BER- 
NATZIK, Unsere neuen Wappen und Titel. [Österreichische Zeitschrift für 
öffentliches Recht. Jahrg. II, Wien 1915—16.] S. 627 £.
	        
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