Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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W.: die Verwaltungsform eines Staates ist mindestens ebenso wichtig wie 
die Staatsform. Nach den beiden hier in Betracht kommenden Organi- 
sationsformen werden der Beamtenstaat und der Volksstaat unterschieden, 
der eine aus dem landesfürstlichen Staat des 17. und 18. Jahrhunderts, mittel- 
bar auch aus kirchlichem Recht und deutscher Stadtverfassung hervorgegangen, 
der andere wurzelnd in der alten germanischen Landsgemeindeverfassung, 
ferner in der Verfassung der Stadtaristokratien und den Ideen ROUSSEAUS 
(S. 32£.). Darum fühlt sich FLEINER versucht „im Beamtenstaat die Organisa- 
tionsform der Monarchie und im Volksstaat die der Republik zu erblicken‘“. 
Allein er läßt sich, aus naheliegenden Gründen wohl mit Unrecht, durch 
die Lage der Dinge in Frankreich und England zu einer etwas zu weit- 
gehenden Abschwächung des an sich zutreffenden Gedankens bestimmen. 
Obwohl nun FLEINER mit seinem Herzen wohl mehr auf Seite des Volks- 
staates stehen mag, werden in der Herausarbeitung der Gegensätze Licht 
und Schatten gleichmäßig verteilt. Als das wesentlichste Stück des deut- 
schen Beamtenstaats betrachtet FLEINER die Abschließung des Be- 
amtentums zu einem festen sozialen Berufstand unter Nachwirkung der 
alten ständischen Gliederung des deutschen Territorialstaates nebst Ueber- 
tragung der gleichzeitig zur Ausbildung gelangten militärischen Begriffe 
auf das Beamtentum (S. 35). Neben dieser Feststellung treten die beiden 
„Moderamina“ des deutschen Beamtenstaates, Selbstrerwaltung und Laienmit- 
wirkung (8. 37) an Bedeutung zurück, desgleichen die eigentümlichen Spiel- 
arten des Beamtenstaats in Frankreich, sowie in der Schweizer Bundesver- 
waltung usw. (S. 37ff.). Der Volksstaat, über den uns FLEINER das Wich- 
tigere zu sagen hat, findet seine eigentliche Heimat in den Schweizerischen 
Kantonen und ist als Verwaltungsform emporgewachsen aus der Üeber- 
tragung demokratischer Grundsätze auf die öffentliche Verwaltung (S. 40). 
Dem Schweizer Volksstaat ist erstens der politische Gegensatz von Staats- 
und Selbstverwaltung fremd. Diese letztere geht in dem umfassenderen 
Begriff der demokratischen Selbstregierung auf. Zweitens fehlt nicht 
bloß der Beamtenstand, sondern sogar der Begriff des Beamten in dem 
strengen Sinne des deutschen Staatsrechts (8. 41). Auch die Volksvertreter 
gelten für Beamte in w. S. (S. 42). In der reinen Demokratie diene eben 
jeder dem Staate sein Leben lang berufsmäßig (S. 41), was sich aus der 
eigenartigen Geschäftsverteilung, nicht zuletzt auch aus Ersparungsrück- 
sichten (8. 43) erklärt. Und wer durch eine intensivere Dienstpflicht allenfalls 
„Beamter“ im engen Sinne geworden ist, tritt damit weder sozial noch 
rechtlich aus dem bisherigen Lebenskreise heraus. In der steten Beteili- 
gung aller an Gesetzgebung und Verwaltung erblickt FLEINER, ohne ge- 
wisse Nachteile zu verkennen, ein großes politisches Erziehungsmittel und 
zugleich für den einzelnen eine Bereicherung seiner Persönlichkeit (S. 43). 
Drittens hängt damit naturgemäß die allgemeine Fähigkeit zur Bekleidung 
öffentlicher Aemter zusammen: Dem Volksstaat sei es nicht um das Wissen,
	        
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