Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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deutschen Monarchie® (S. 61—90), worin zunächst — teils zur Einführung, 
teils zum Kontrast — der Begriff und die Arten der parlamentarischen Re- 
gierung bzw. (S. 78) des „reinen Verfassungsstaats“ entwickelt werden 
(S. 61—70). In die systematische Uebersicht der verschiedenen Spielarten 
werden auch zahlreiche auswärtige Beispiele, besonders aus dem öster- 
reichischen Staatsleben eingeflochten. Bezüglich der politischen Verfassungs- 
art der deutschen Einzelstaaten stellt Verfasser auf dieser Grundlage fest, 
daß die Kammern, politisch angesehen, nicht bloß Kontrolle über die Exe- 
kutive, sondern aktiven Anteil hieran haben, besonders im Anstellungswesen 
(S. 70). Trotz dieses parlamentarischen Mitregiments sei aber die Regie- 
rung nicht parlamentarisch (S. 72), wofür bestimmte politische Ueberliefe- 
rungen, in letzter Linie die Verhältnisse politischer Dynamik maßgebend 
sind (S. 73—80). Der deutsche Staat sei eben Beamten- und Militärstaat, 
„a. h. den Staat leite der Beamten- und der Militärstand, nicht die Partei- 
führer“ (8. 78), doch wird diese Behauptung (S. 79) richtiger dahin einge- 
schränkt, daß in „Deutschland Krone und Bureaukratie, nicht Parteiführer- 
schaft regiere.“ Immerhin bestünde aber „parlamentarische Halb-, Mit-, 
Nebenregierung, Mitherrschaft auch in der Verwaltung“ (S. 80. Wie REHM 
aber wiederholt betont (S. 77, 84), beherrschen die herrschenden Parteien 
allenfalls nur die anderen Parteien, dagegen nicht die Regierungen. Zum 
technischen Begriffe parlamentarischer Regierung gehöre jedoch Allein-, 
nicht bloß Mitregierung (S. 85). 
Manchem Widerspruche dürfte der 4. Abschnitt (Die politische Ver- 
fassungsform des Reiches) begegnen, insoferne REHM eine von den herr- 
schenden Ansichten stark abweichende, recht eigenartige Charakteristik der 
politischen Natur des Reiches liefert (S. 85-89), auf welche an dieser Stelle 
und in dieser Stunde des Burgfriedens besser verzichtet wird. Den Wider- 
spruch seiner — in letzter Linie wohl von TREITSCHKE abstammenden, 
aber vielleicht noch auf die Spitze getriebenen — politischen Lehre mit 
der politischen Praxis im wechselseitigen Verhältnis der verbündeten Regie- 
rungen sucht Verfasser damit zu erklären, daß das Deutsche Reich im letz- 
en Grunde nicht eine politische, sondern eine — moralische Verbindung 
sei. „Das Deutsche Reich ist in letzter Ursache ein Gesinnungsbund* (S. 89). 
Ob es aber neben juristischer und politischer Betrachtungsweise noch so 
ein drittes gibt und ob es etwas rechtes wäre und miehr als ein bloßer 
Schatten, dürfte nicht unbestreitbar sein. Unbeschadet dessen ist auch 
diesem gewiß anregenden Abschnitte mancher Gehalt nicht abzusprechen. 
Doch muß die nähere Würdigung einer besonderen Untersuchung in geeig- 
neteren Zeitläuften vorbehalten bleiben. 
%* * 
4. Das unmittelbare Gegenstück zu REHM bildet — besonders in diesem 
Punkte — als 8. Aufsatz RUDOLF SMENDsS „Ungeschriebenes Verfassungs- 
recht im monarchischen Bundesstaate“, (S. 247—270),. Auch oder gerade
	        
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