Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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der Reichsverfassung (S. 270) — erblickt SMEnD den grundlegenden Unter- 
schied darin, daß der republikanische Bundesstaat in seiner eigenen Sphäre 
keine Einwirkung der Einzelstaaten kenne, wohl aber seinerseits machtvoll 
bestimmend auf das Allerheiligste der Einzelstaaten wirke, indem er ihnen 
die Grundprinzipien ihrer Verfassungen vorschreibe, wogegen der mon- 
archische Bundesstaat die Einzelstaaten das ganze Leben der bundes- 
staatlichen Gesamtheit entscheidend bestimmen lasse, aber ängstlich jedes 
Hineinregieren in den Bereich des Einzelstaates vermeide (S. 268). 
„Preußens Pflicht, einen König zu haben, ist nicht die Pflicht des 
republikanischen Einzelstaats, eine dem Geiste des Ganzen entsprechende 
Verfassung zu haben, sondern umgekehrt, die Pflicht, dem Ganzen die 
politischen Kräfte des Einzelstaats, so wie sie geschichtlich sind, zur 
Verfügung zu stellen“ und „unterwirft das Reich unter den Einfluß der 
geschichtlich-politischen Eigenart der preußischen Monarchie“ (S. 268). Der 
Einflußnahme der Einzelstaaten öffnen sich allerlei Wege, diplomatische wie 
administrative (Einwirkung auf die Reichsverwaltung durch verhältnismäßige 
Ergänzung des Reichsbeamtenkörpers, und durch die Beteiligung an den 
Reichsaufgaben im Bereiche der mittelbaren Reichsverwaltung, S. 269). 
Daß all dies in der Reichsverfassung selbst entweder gar nicht oder nicht 
mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, liegt „zunächst natür- 
lich an der technischen Schwierigkeit, die hier in Betracht kommenden 
Rechtsbeziehungen in scharf gefaßte Verfassungsartikel einzukleiden* (S. 265, 
vgl. auch S. 266 und schon 248). „Technische Schwierigkeiten“ lassen auch 
hier eine halbwegs erschöpfende Uebersicht über das gerade sehr wichtige, 
von S. selbst nur sehr gedrängt behandelte Hauptmaterial nicht zu. Ist 
doch schon die aus der Verfassung „mindestens nicht ohne weiteres heraus- 
zulesende® Abgrenzung der sogenannten allgemeinen 
Reichsaufsicht (8. 254f.) für sich allein ein recht weitläufiges Pro- 
blem. Die Hauptsache ist aber wohl schon die Auswahl und Gruppierung 
des heranzuziehenden, nicht kodifizierten Rechtsstoffs zur Durchführung 
der von OTTO MAYkER für dieses Gebiet anempfohlenen „Befreiungsarbeit“, 
in deren Dienst sich die Abhandlung mit ihren sehr erwägenswerten Er- 
gebnissen stellt. Sie lassen sich vielleicht dahin zusammenfassen, daß die 
einschlägigen föderativen Voraussetzungen der Verfassung unwandelbar sind 
und selbst zur Fortbildung des Verfassungsrechtes beigetragen haben. 
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5. Der vierte Aufsatz der Festgabe: „Verwaltungsrechtliche 
Gedanken“ (S. 93—116) ist ein Feldgruß RoBErT PıLorys „in langen 
Jahren erwogen‘, aber erst „im Felde niedergeschrieben“ (8. 116). Im 
1. Abschnitte (Krieg und Verwaltungsrecht, 8. 93-95) entwickelt 
P. beredt die Bedrängnis, in die das Verwaltungsrecht durch den Krieg ge- 
rät, wenn die auch schon im Frieden widerstrebende und „ungefüge Rechts-
	        
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