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1879, S. 71 ff., 188, 222 ff.) hervorgehobenen, von vornherein als abänderlich
anzusehenden bloßen Zuständigkeitsregeln (S. 209 mit 204). Diese Vorbe-
haltsgestaltung findet T. — allerdings nach dem folgenden nicht ganz über-
zeugend — „der Volksvertretung günstiger als die der vormärzlichen deut-
schen Verfassungen (weil sich die Zuständigkeit der Volksvertretung dem-
entsprechend erweitere!) und man sieht, daß der Widerspruch gegen die
Eindichtung des Rechtssatzvorbehalts in die preußische Verfassungsurkunde
nur dann auf eine Begünstigung der Verordnungsgewalt hinausläuft, wenn
man sie verknüpft mit dem Irrtum, der absolute Staat habe keine formellen
Gesetze hinterlassen können“ (S. 209 f.).
Anders stehe es aber mit dem geltenden Rechte, in dem sich diese der
Verfassungsurkunde von T. zugeschriebenen Vorbehaltsgestaltung nicht
durchzusetzen vermochte (S. 211), weil der starken preußischen Monarchie
in der herrschenden Lehre von den Grenzen zwischen Gesetz und Verord-
nung ein mächtiger Bundesgenosse erwuchs. Unter allseitiger Förderung
wurde eben das mittelstaatliche Staatsrecht rezipiert mit dem gemeinrecht-
lich-deutschen Begriff „Gesetz = Rechtssatz“ (S. 211f.).. Und dieses feste
Gewohnheitsrecht, das also dem selbständigen Verordnungsrechte nicht ge-
rade günstig zu sein scheint (vgl. das Material zu Seite 212£.), erhärtet
sich in der Haltung der Gerichte (S. 213). Allerdings geht es wohl zu weit,
wenn Verfasser lediglich einen „Irrtum der vorherrschenden Staatsrechts-
literatur als den Vater dieses Gewohnheitsrechtes® und den Umgestalter
des „ursprünglichen Sinns der Verfassungsurkunde“ ansieht (S. 213f.) Jeden-
falls wurde durch den Sieg des deutschen materiellen Gesetzesbegriffes
über den aus Belgien importierten „die Einheitlichkeit des deutschen Landes-
staatsrechts wieder hergestellt“ (S. 214), und OTTO MAYER habe den, nach-
her von SMEND (die preußische Verfassungsurkunde im Vergleich mit der
belgischen, 1904) befestigten, Weg gefunden, das geltende Recht ohne Pres-
sung des Artikels 62 aus der Rezeption einer herrschenden Vorstellung vom
Bereiche des Gesetzes dogmatisch einwandfrei zu begründen (214).
Abschließend streift Verfasser die Frage, inwieweit nicht auch die zahl-
reichenSondervorbehalte der preußischen Verfassungsurkunde, zumal
die von ANSOHÜTZ in seinem Kommentar z. pr. Verf.Urk. 1(1912) tiefgründig
untersuchten „Grundrechte“ diese Wandlungen mitgemacht haben (8. 214—
221). T. vertritt hier die Ansicht, daß diesen Bestimmungen — mögen sie
auch seit Rezeption des materiellen Rechtssatzvorbehalts einen guten Teil
ihrer ursprünglichen Bedeutung eingebüßt haben (218) — noch immer große
Wichtigkeit zukommt, einerseits wegen des bereits von OTTO MAYER be-
tonten noch immer belangreichen „Ausschlusses tatsächlicher Eingriffe ohne
gesetzliche Grundlage“, anderseits aber gerade mit Rücksicht auf die „alte
Generalermächtigung der Polizeibehörden, die man in den bekannten $ 10
11. 17°des Allgemeinen Landrechts zu verlegen sich gewöhnt hat“ (8.219). T.
nimmt hier gegenüber Ansoattz (Kommentar S. 139 ff.) den Standpunkt ein,