Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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antragen, das sich durch den Gemeinwillen regiert, somit die Volks- 
souveränität als höchste Norm anerkennt und entdeckt daher, um die 
universelle Allianz zur Sicherung der Stabilität des europäischen Sy- 
stems doch zu ermöglichen, seinen Beruf, eben die Volkssouveränität 
einer allgemeinen Herrschaft entgegenzuführen (S. 288). Diese eigentlich 
in sich widerspruchsvolle, zwar mannigfach sophistisch beschönigte autori- 
tative Intervention (S. 290) tritt also hier in den Dienst der (inneren) 
Volkssouveränität (S. 280, 291) in ihrer Verbindung mit der individuellen 
Freiheit als den beiden Grundsätzen des staatlichen Rechts. „Der 
Weg beginnt bei Locke und endet bei ROUSSEAU.“ — Ausgehend von 
der Lehre RouUssEAus sieht die Revolution (V. Das Prinzip der Natio- 
nalitäten, S. 292) die treibende Kraft, die den Staat ins 
Leben ruft, einzig der Psychologie der Menschen 
entspringen und gelangt damit zum Grundsatz der freien 
Staatsbildung, der dann vom 19. Jahrhundert mit Rücksicht auf die 
nationale Tradition weiter gefaßt und tiefer begründet wurde (S. 293). 
Wie R. im VI. Abschnitte (Die Staatenverbände) ausführt, gelangt die 
Revolution vom Dogma des Gemeinwillens — noch über die Sphäre der 
Staatsbildung hinaus — zum „Prinzip der allgemeinen Solidarität“ oder 
Gemeinschaft der Staaten (S. 295 £). „Die Lehre von der Selbstbestimmung 
der Menschen führte zur Lehre von der Verbrüderung der Völker* (S. 298), 
und in unseren Tagen nach dem Haag (S. 300). Die politische Schlußbe- 
trachtung gilt dem folgenden „tiefen Riß in der Geschichte* und ruftrnach 
einem neuen Zeitalter mit „Grundrechten der Völker* (8. 301). Jetzt liegt 
der engere Zusammenhang mit den brennendsten Zeitfragen offen zutage ! 
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So mannigfaltigen Stoffgebieten die angeführten Aufsätze auch ange- 
hören, so ergibt doch ein kurzer Rückblick, daß der weitaus größte Teil 
der Sammlung im Grunde von einer einzigen, freilich allumfassenden For- 
schungsrichtung beherrscht wird: wie OTTo MAYER selbst zeitlebens den 
Fragen öffentlich-rechtlicher Organisation besondere Aufmerksamkeit zu- 
wendete, wird auch in der Festgabe von den verschiedensten Seiten an das 
große Problem der nationalen Organisation herangetreten. 
Dies gereicht nicht allein dem gefeierten Meister zur Ehre, sondern 
bekundet auch die Anziehungskraft und überragende Bedeutung der deut- 
schen Organisation, die in ihrem Siegeszuge sich weit über die Reichs- 
grenzen hinaus an Freund und Feind versuchte. Daß eben die meisten 
beteiligten Fachvertreter — mehr oder weniger ausgesprochen, ganz be- 
sonders aber LABAND, FLEINER und PıLoTY, doch auch REHM und SMEND 
wie noch andere — im Bannkreise von Organisationsfragen verweilen, 
ist das Zeit- und Kriegsgemäße an der Sammlung. Sie ruft uns dadurch 
als Zeitdokument den Anteil der deutschen Wissenschaft am Schatze na- 
tionaler Organisation sinnfällig in Erinnerung. 
Wittmayer (Wien).
	        
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