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Edgar Loening. Gerichte und Verwaltungsbehörden in
Brandenburg-Preußen. Ein Beitrag zur preußischen Rechts-
und Verfassungsgeschichte (Abhandlungen und Aufsätze, I. Band).
Halle a. d. S. 1914. XIL und 326 Seiten.
Die preußische Staats- und Rechtsgeschichte bildet ein noch viel zu
wenig gewürdigtes Arbeitsfeld für rechtswissenschaftliche Forschungen.
Die wertvollsten Beiträge zur Förderung dieser Rechtsdisziplin sind nicht
von Juristen, sondern von Historikern, unter denen SCHMOLLER, HiNTZE
und KosEr in vorderster Reihe stehen, geliefert worden. Zu den wenigen
Juristen, die sich mit diesem Gebiete eingehender beschäftigt haben, zählen
insbesondere BORNHAK, HUBRICH. HOLTZE und LOENING.
Vor einer Reihe von Jahren hat LornInG im „Verwaltungsarchiv‘
(Ba. II, S. 257 fl. u. 437 #f.; Bd. III, S. 94ff. u. 510 ff.) einige größere Ab-
handlungen über eine spezielle. aber sehr wichtige Frage, nämlich den
Werdegang des Verhältnisses, in dem die Gerichte und die Verwaltungs-
behörden in Brandenburg-Preußen vom Mittelalter bis zur Gegenwart zu-
einander gestanden haben und stehen, veröffentlicht. Seine Ausführungen
beruhten auf Quellenstudien im Geheimen Staatsarchiv. Das mittlerweile
in den Acta Borussica auf Grund systematischer Durchforschung sämtlicher
Aktenbestände des Geh. Staatsarchivs und der königlichen Staatsarchive der
Provinzen niedergelegte reiche Material konnte damals vom Verfasser nur
soweit, als es ihm in eigenen Forschungen bekannt geworden war, verwertet
werden.
Es ist zu begrüßen, daß LoFNING sich nunmehr, nachdem die Akten-
publikation über die Behördenorganisation und die allgemeine Staatsver-
waltung Preußens im 18. Jahrhundert in den Acta Borussica (Bd. I—X) zu
einem einstweiligen Abschluß gelangt ist, zur Neubearbeitung seiner wert-
vollen Aufsätze auf Grund des gesamten jetzt vorliegenden Quellenmaterials
in selbständiger Ausgabe entschlossen hat. Seine neue Darstellung gründet
sich für die Zeit von Friedrich Wilhelm I. bis zum Siebenjährigen Kriege
vornehmlich, aber nicht lediglich, auf die Acta Borussica, für die frühere
und spätere Zeit auf erneute Studien im Geh. Staatsarchiv.
Die Grundidee des Buches ist der Nachweis, „wie in jahrhundertelanger
Entwicklung nach Ueberwindung zahlreicher Hemmnisse der Gedanke, daß
das öffentliche Recht des Rechtsschutzes auch gegenüber den Organen des
Staates bedarf, sich in Brandenburg-Preußen durchgerungen und, wenn
auch noch keineswegs vollständig, sich in der Gesetzgebung der Gegenwart
verwirklicht hat“.
Die Darstellung unterscheidet fünf Perioden; sie behandelt das Mittel-
alter und die Zeit der Landstände, die Entwicklung seit der Mitte des
17. Jahrhunderts, die Zeit der Reformen, den Beamtenstaat des 19. Jahrh.,
endlich die Entwicklung seit der Verfassungsurkunde.
Im Mittelalter haben die brandenburgischen Kurfürsten im Gegen-