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als unbedingt nötig. Nach alter deutscher Auffassung sind Recht
und Gerichtsschutz identisch; eben deshalb soll gegebenenfalls
auch letzterer zurückstehen, der Unschuldige soll mit dem Schul-
digen leiden. Aber nur soweit, als unbedingt notwendig ist:
wenn auch das Standrecht festzuhalten ist, so soll es doch nicht
nach Belieben stattfinden, sondern man versucht die hier liegende
Quelle der militärischen Unabhängigkeit zu fassen und damit
Unheil zu verhüten — wenn auch natürlich diese Fassung ge-
gebenenfalls keinen genügenden Halt bietet, genau so, wie die
bürgerlichen Gerichte ja auch versagen können.
Diese Gesetze bezwecken also nicht sowohl die Schaffung von
formalen Durchsetzungsmöglichkeiten der Verwaltung, als minde-
stens gleichzeitig und in gleichem Maße die Schaffung von Rechts-
schutzgarantien. Dabei stehen sie unverkennbar auch in einem ge-
wissen äußeren Zusammenhang. Und zwar hat ähnlich wie in der
Frage der Tumulthaftung die Regelung des Großherzogtums Baden
vorbildlich gewirkt, wo ja die Notwendigkeit der Ausnahmegesetz-
gebung zuerst in die Erscheinung trat. Für die Strafbestimmungen
des Preuß. BZG., also auch den vornehmlich interessierenden $ 9b,
ist das in den Motiven ausdrücklich bezeugt, Bevor wir jedoch
diese badische Regelung betrachten, ist es erforderlich, daß wir
einen Blick werfen auf diejenige Sachsens, weil diese wegen der
Aehnlichkeit in der zum Ausgangspunkt zu nehmenden Rechts-
lage und bei der zeitlichen Nähe der Anfangsregelung nicht
nur den Anstoß zur preußischen Initiative gegeben, sondern sie
gleichzeitig in etwa inhaltlich beeinflußt haben dürfte.
11.
In Sachsen finden wir — abgesehen von dem Versuch
des Jahres 1813, im TITTMAnNschen Entwurf eines Strafgesetz-
buchs die österreichischen Bestimmungen über das Standrecht zu
3 Vgl. Sten.-Ber. der preuß. 2. Kammer, 1849, 8. 197.