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rechtsstaatlich umgebogen und doch eine außerordentlich scharfe
Waffe gewonnen ist. Von einem Vorbehalt zugunsten der Exe-
kutive ist nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen die Rede
und auch nur zugunsten des Staatsministeriums, nicht dagegen
zugunsten eines eigenen Rechts des Obersten Kriegsherrn, der ja
zugleich der „Oberbefehlshaber der Truppen“ ist. Ehe das
Staatsministerium gesprochen hat, ist für die Militärgewalt höch-
stens im Rahmen der $S 1—12 Raum. Es liegt eben die schärfste
Art von Polizeizwang vor; sobald zu diesem Mittel gegriffen wird,
entsteht ein ähnlicher Zustand, wie gelegentlich der kriegerischen
Aktion gegen den äußeren Feind: im Rahmen der Grundrechte
können die Freiheitrechte suspendiert, darüber hinaus können
nach militärischem Ermessen Anordnungen erlassen und für den
Fall der Zuwiderhandlung härteste Strafen angedroht werden, die
dann nicht von den ordentlichen Gerichten, sondern standrecht-
lich abzuurteilen sind. Aber dazu bedarf es noch eines Umwegs’”,
und gerade in diesem liegt das rechtsstaatliche Element: Früher
störte man sich nicht daran, daß der MBH. zunächst nur intern mili-
tärisch verbindliche Anordnungen erlassen, dagegen an und für sich
der Zivilbevölkerung garnichts vorschreiben kann, vielmehr leitete
man allein aus der Tatsache des militärischen Befehls die Gehor-
samspflicht ab und ließ im Falle der Zuwiderhandlung einfach das
Standrecht walten; jetzt finden wir ausdrücklich eine Folgepflicht
gegenüber jenen militärischen Anordnungen ausgesprochen —
und die Verletzung dieser Folgepflicht ist es erst, die die (ev.
nach militärischem Ermessen anzudrohende) Strafe verwirken läßt®®,
3 Daß nach dem Wortlaut des $ 16 der entscheidende Gesichtspunkt
erst nachträglich kommt, darf uns nicht stören. Erklärte doch schon
Staatsmin. v. FRIESEN gelegentlich der Beratung (Mitt. d. 1. K. 1850/51
1 102): „... ist gern zuzugestehen, daß die Anordnung der einzelnen Sätze
in $ 16 und 17 nicht streng logisch durchgeführt ist, es läßt sich aber
auch der Gang der Sache, wie er sich praktisch darstellen muß, in dem
Gesetze recht gut verfolgen“.
88 Min. v. FRIESEN erklärt a. a. O. 101: „Satz 2 enthält die Ermächtigung