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nach einem Ministerialausschreiben vom 31. Juli 1852 (Nr. 10 940)
die „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“
an, und die dazu „erforderlichen Anordnungen und Verbote sind
die Verwaltungsbehörden zu erlassen berechtigt und verpflichtet“,
wobei in erster Linie an die Durchführung in den Strafgesetzen
implicite enthaltener Verbote gedacht wird. Für diese anordnende
Tätigkeit gab ihnen aber das Ministerium fast überall Direktiven,
Polizei befugt waren). — Es kann sich hier nicht darum handeln, die Fülle
der sich ergebenden Zweifelsfragen des bad. Rechts eingehend zu erörtern,
sondern es steht für uns nur in Frage, wie sich die zitierte Notverordnung
über den KZ. in den Rahmen der sonstigen Gesetzgebung und Praxis ein-
fügt. In dieser Hinsicht genügt außer dem Hinweise auf THomA a. a. O.
die Feststellung, daß das PolStrGB. vom 31. Oktober 1863 davon ausgeht,
„die mit Polizeigewalt betrauten Verwaltungsbehörden seien berechtigt,
die zur Aufrechterbaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung er-
forderlichen Anordnungen und Verbote zu erlassen und die Uebertretung
derselben innerhalb des ihnen eingeräumten Strafmaßes mit polizeilicher
Strafe zu bedrohen“. Ebenso erachtet man die zwangsweise „Beseitigung
durch eine Polizeiübertretung herbeigeführter ordnungswidriger Zustände“
als gegebenes Recht und Amt der Polizei, sowie die zwangsweise Durch-
setzung der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen. Das PStrGB.
will an diesem bestehenden Rechtszustand nur dadurch ändern, daß es
seitherigen „Mißbräuchen“ entgegentritt, indem es die „Befugnis zum Er-
laß von Ge- und Verbot in Verordnungen und polizeilichen Vorschriften
nur dann und nur insoweit unter polizeiliche Strafe stellt, als ein Gesetz
dies ausdrücklich gestattet“, und indem es weiter für das unmittelbare
Zwangsrecht eine gesetzliche Grundlage schafft (Motive zum PolStrGB. zu
$$ 27—29, Prot. 2. K. 1861/63, 4. Beil.-Heft S. 582ff.), wobei sehr wesent-
lich das in $ 28 Entw. ($ 29 PStrGB.) vorgesehene Notverordnungsrecht
ist. Das PStrGB. ist nach dem Komm.Ber. der 2. K. (Beil.-Heft 6 S.293) die
Frucht zweier Adressen aus dem Jahre 1846, aus deren Anlaß die da-
malige, mit der Garantie von Freiheit und Eigentum in starkem Gegensatz
stehende Schrankenlosigkeit und Willkür der Polizeibehörden recht deut-
lich hervorgeht (vgl. Prot. 2. K. 1845/46, 7. Beil.-Heft, S. 35 ff., 277 ff, 367 ff.).
Das PolStrGB. stellt jedenfalls die Erfüllung der (bei TuomA S. 120 N. 14
zit.) Aeußerung des Verfassers der bad. VU. NEBENIUS dar, daß je länger
die Verf. Bestand hat, um so unnötiger das Einschreiten der Regierung
durch Verordnungen wird; aber auch wenn man die Polizeistrafgewalt den
Gerichten überweise, werde der Regierung stets das Recht zum Erlaß poli-
zeilicher Anordnungen innerhalb gewisser gesetzlicher Schranken bleiben.