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suspension in das Gesetz hinein, um, soweit dies erforderlich ist,
die vollziehende Gewalt von den Schranken des Gesetzes zu be-
freien. Weiter reicht die Freiheit vom Gesetz jedoch nicht, als
hier ausdrücklich vorgesehen ist; eine extensive Interpretation
dieser Freiheit vom Gesetz ist ausgeschlossen!. Und um im
übrigen eine strikte Innehaltung und Achtung des Gesetzes auch
durch die dem MBH. nachgeordneten Stellen um so sicherer zu
erreichen, stellt das Gesetz die Militärpersonen während des BZ.
unter das Kriegsgesetz ($$ 6, 7). Im übrigen folgt daraus, daß
nur die vollziehende Gewalt auf den MBH. übergeht, also die
Legislative und Justiz selbständig bleiben, daß auch neben den
100 Vgl. unten N. 124 und 159. — Das ist wesentlich für die Frage,
ob die Suspension des Obersatzes der persönlichen Freiheit auch die nicht
ausdrücklich vorgesehene Suspension von Folgerungen aus diesem Obersatz,
z. B. der Freiheit des Eigentums bedingt, wie die Praxis, und ihr folgend
vielfach das Schrifttum annimmt. M. E. folgt aus der besonderen Aufzäh-
lung einzelner Folgerungen in $ 5, daß alle anderen nur insoweit tangiert
werden, als bei Durchführung sonstiger Möglichkeiten hier ein indi-
rekter Eingriff stattfindet. Z. B.: „Das Betreten der Hausdächer ist
verboten“; das Verbot richtet sich gegen die Freiheit der Person und greift
nur mittelbar, also zulässigerweise auch in die Freiheit des Eigentümers ein,
nämlich sein Hausdach zu benutzen, seine Stiefel abzutreten usw. Unzu-
lässig sind dagegen unmittelbare Eingriffe in das Eigentum, das im Weg
der „Beschlagnahme“ entwehrt wird. Etwas anderes ist es natürlich, wenn
der MBH. als Inhaber der vollziehenden Gewalt eine dahingehende Ermäch-
tigung des Bundesrats vollzieht, oder „Kriegsleistungen“ prästiert werden
(oben N.81). Der nichtsuspendierbare Art.8 VU. verbietet, Strafen anders als
in Gemäßheit des Gesetzes anzudrohen oder zu verhängen. Die Verhängung von
Strafen ist Sache der Gerichte, im Verwaltungsweg können nur vorläufige Stra-
fen festgesetzt werden. Das gilt auch während des BZ. Deshalb war es sehr
bedenklich, wenn ein MBH. von sich aus innerhalb seiner Durchsetzungsmög-
lichkeiten als Folge eines ihm nicht genehmen Verhaltens Jemandem
im Verwaltungsweg Nachteile zufügte, etwa eine Aufenthaltsbeschränkung
oder eine Verhaftung anordnete, einen Beamten außerhalb des Disziplinar-
verfahrens aus dem Amt entfernte, ein Geschäft schließen ließ. Aber auch
die Einführung solcher unserem Rechtssystem fremder „Strafen“ durch den
MBH. war unzulässig, wie die Androhung der Schließung des Geschäfts bei
Ueberschreitung der vom MBH. festgesetzten Höchstpreise. Vgl. meine Be-
merkungen Annalen 1914 S. 654.