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gesetzestechnisch gar nicht so naiv, wie uns die heutige Recht-
sprechung und z. T. auch die Literatur glauben machen will, als
daß man trotz der stets und immer wieder betonten Notwendig-
keit der Bindung der militärischen Willkür zu einem Stück ge-
setzmäßiger „vollziehender Gewalt* den MBH. zum höchsten Ge-
setzgeber hätte machen wollen. Man sah ganz genau die Stärken
und die Schwächen des Gesetzes, und eben deshalb suchte man
immer wieder die vollziehende Gewalt des MBH. zu binden. Auf
die Idee, daß das Blankettstrafgesetz des $ 9b eine außerhalb
der in $ 4 mit der vollziehenden Gewalt übertragenen Befugnisse
stehende materiellrechtliche Ermächtigung zum Erlaß von Ver-
boten und selbst Geboten umschreibe, die in Widerspruch zu Ge-
setzen und selbst der VU. treten könnten, ist damals kein Mensch
gekommen und konnte es auch niemand, weil man eben mit dem
Begriff der vollziehenden Gewalt eine ganz bestimmte Vorstellung
verband, nämlich den des Gegensatzes zum Gesetz und der Unter-
ordnung unter dieses. Kraft dieser vollziehenden Gewalt und
innerhalb der ihm vom Gesetz zugewiesenen Befugnisse sollte
der MBH. seine — durch $ 9b strafrechtlich geschützten —
Verbote erlassen. Einer besonderen Ermächtigung bedurfte er
da nicht mehr. Aber die vollziehende Gewalt geht als solche
furchtbar weit; befinden wir uns doch in einem Staat, der gerade
ein Verfassungsleben erst einrichtet und daher die Schranken der
Vollziehung noch kaum aufgerichtet, geschweige denn gesichert
hat, sodaß das, was die Vollziehung anordnet, nur zu leicht
reflexmäßig die gleiche Wirkung hat, als ob es sich um Gesetz-
gebung gehandelt hätte. Eben deshalb entstanden jene Kämpfe
um Erweiterung und Sicherung der Schranken der militärischen
Willkür, eben deshalb gab man dem MBH. die Herrschaft über
das Gesetz gerade nur soweit, als unbedingt nötig schien.
Hier ist denn hochbedeutsam, daß man die praktisch sicherste
Garantie des Gesetzes, die Rechtsprechung, ebenfalls teilweise dem
Bedürfnis außerordentlicher Zeiten unterordnete und für bestimmte