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betonten Notwendigkeit des Vorgehens die Zivilverwaltungsstellen
sich die Auffassung zu eigen machen, daß die militärischen
Stellen für ihre Anordnungen auch selbst die alleinige Verant-
“wortlichkeit und zwar intern-militärisch zu übernehman hätten.
Wenn auch die Ministerverantwortlichkeit infolge der mangelhaften
Ausgestaltung letzten Endes so gut wie ausschließlich zu einem
persönlichen Verantwortlichkeitsgefühl geworden ist, so ist es eben
doch schließlich — ohne daß man deshalb schon „ein Hassenpflug“
zu sein braucht — nicht Jedermanns Sache, sich ın den zahl-
reichen hierher gehörigen, z. T. vielleicht sogar juristisch recht
zweifelhaften Fragen so einzusetzen, wie es die Intention des Ge-
setzes von 1851 war. Um so weniger wird Neigung zur Aus-
spielung dieser ultima ratio bestehen, wenn die Rechtsprechung
der ordentlichen Gerichte, wie wir dies ja erlebt haben, sich mit
dem Vorgehen der MBH. einverstanden erklärt. Daß die Recht-
sprechung dabei ein ganz neues Rechtssystem auf das Gesetz von
1851 gepfropft hat, glaubt die vorstehende Abhandlung gezeigt
zu haben. Die Gründe, weshalb sie diesen Weg gewählt hat,
liegen vermutlich nach der Richtung, die zu 1 und 3 PELARGUS
a. a. O. gezeichnet hat: Einmal, daß im Kriege die Zubilligung
außerordentlicher Gewalten an die militärischen Stellen erforder-
lich sei, und daß dann der im Frieden als höchste Forderung
hochzuhaltende Schutz der Rechtsordnung vor dem staatlichen
Notstand zurückzutreten habe!®. Es ist das das alte Argument,
158 Mit „staatlichem Notstand“ arbeitet STRUPP a. a. O. zu $ 9b
BZG. Etwas drastischer faßte dieses Argument der Abg. v. WEDEMAYER
gelegentlich der Dunckerdebatte (a. a. O. 62), indem er von „Splitterrich-
terei über formelle Rechtsfragen“ sprach, auf die man während des Kriegs
keine Rücksicht nehmen könne. Denn „inter arma silent leges (hört, hört!)
. Maßregeln der inneren Politik, die der MBH. nicht zu erörtern
hat. Für den MBH. ist nur die eine Frage von Wichtigkeit: ist das
Verhalten, das ich unterdrücke, dem Feinde nützlich, und wird dieses dem
Feinde nützliche Verhalten verhindert durch meine Maßregel oder nicht?“
Alle Redner waren sich damals darüber einig, daß das militärische
Vorgehen noch nicht einmal vom Bundesratstisch aus zu rechtfertigen ver-