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nungen den Anforderungen entsprechen, die die Stunde heischte,
und ob die Zivilverwaltungsstellen nicht oft besser getan hätten,
sich nicht hinter die MBH. zu verstecken!®?, sondern offen und
ehrlich den Weg der Gesetzesänderung durch Bundesratskriegs-
verordnung!#* oder förmliches Gesetz anzustreben, oder aber
ihre Wünsche nicht unter Ausnützung der Augenblickskonjunk-
tur durchzusetzen.
Denn einmal sind die Begriffe gewiß, nach Kräften, gewissen-
hafte und pflichtmäßige Rücksicht sehr dehnbar, die als Maßstab
bei Bewertung der Tätigkeit des MBH. angeführt werden. Auch
der MBH. ist nur ein Mensch, heute noch genau so, wie zu der
Zeit, da MITTERMAIER schrieb!®, und es ist bezeichnend, daß die
Qualität seiner Anordnungen nur relativ gemessen wird. Aber
163 Das sollen nicht nur manche Lokalstellen getan haben, um sonst
nicht Erreichbares durchzusetzen, sondern es ist im Reichtag offen regi-
rungsseitig zugegeben worden, daß man ohne den gegenwärtigen Zustand
gewisse materiellrechtliche Angelegenheiten nicht hätte erledigen können.
Inter arma silent leges.
164 Daß das Notverordnungsrecht des Bundesrats bei der vom Reichs-
gericht entwickelten Auslegung des BZG., das Höchstpreisgesetz usw. über-
flüssig sind, daß also nur vom Reichstage der Verwaltungsapparat kom-
pliziert worden wäre, sei hier nur angedeutet. Ebenso, daß manche Kriegs-
verordnung des Bundesrats — vor allem solche, die Kriegsleistungen for-
dern, und Mittel zur Kriegsführung darstellen — ihren Bestand nur den-
selben formal-dualistischen Erwägungen verdankt, die oben für die Hand-
habung des BZG. angedeutet sind. Man wird überhaupt vielleicht gut tun,
wenn man einmal untersucht, inwieweit diese dualistische Denkweise unser,
vor allem unser öffentliches Recht beeinflußt hat. Sie allein ist die Ur-
sache der sonderbaren Erscheinungen, mit denen sich die Theorie abmüht,
und mit denen ich mich Annalen 1915 8. 293 ff. beschäftigt habe. Es wird
sich daher fragen lassen, ob wir nicht, ev. inwieweit, den Dualismus zum
Träger unseres Öffentlichen Rechts gemacht haben. Und wenn man sich
das einmal klarmacht, dann kommt auch vielleicht wieder die Auffassung
zu Ehren und zur Geltung, daß unsere konstitutionellen Einrichtungen vor
allem Rechtschutzeinrichtungen sind, in denen sich gerade der Gedanke der
Staatseinheit spiegelt.
165 Oben N.6und 12; bezeichnend ist ja das vom Reichstag erzwungene
Gesetz über die Schutzhaft (vgl. oben N. 105a).
Archiv des öffentlichen Rechte. XXXVI. 4. 32