Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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eigen macht, und die gerade zu der ausdehnenden Auslegung 
des BZG. der Hauptanlaß gewesen sein dürfte. Bei uns gilt auch 
in der belagerten Festung keine Willkür, sondern das BZG., und 
es fragt sich nur, inwieweit die militärische Aktion den betroffe- 
nen Einzelnen darüber hinaus rechtlos macht. Nun führen wir 
den Krieg aber auch um geistige Güter und mit geistigen Waffen. 
Deshalb war es vielleicht nicht unbedenklich, durch einfache 
extensive Interpretation eines 65 Jahre alten Gesetzes dem Augen- 
blick zu leben. Damit warf man die in jahrzehntelanger Arbeit 
aufgebaute Bestandsgarantie des Gesetzes über den Haufen und 
bestätigte so indirekt die Auffassung unserer Gegner, daß wir 
gar kein öffentliches Recht haben; oder aber — vielleicht auch 
gleichzeitig — bestätigte man, daß unsere gesamte Rechtsauf- 
fassung seit zwei Menschenaltern mit der heutigen Auseinander- 
setzung der Völker rechnete, daß wir also den Krieg systematisch 
vorbereitet haben. Gewiß enthält die Vorstellung nichts furcht- 
bares, daß man 1851 mit den heutigen Möglichkeiten gerechnet 
hätte; das hat man aber eben nicht getan. Das BZG. trägt 
deutlich die in der Verfassungsurkunde sich dokumentierende, 
gerade erst endgültig errungene Auffassung zur Schau, daß jeder 
Volksgenosse mit einem genauen Maß von Pflichten und Rechten 
im Staat steht und keiner tatsächlichen Allgewalt mehr rechtlich 
ausgeliefert ist, es sei denn kraft Gesetzes. Der MBH. ist nach 
dem BZG. nicht mehr und nicht minder Gesetzgeber, als dies 
Verwaltungsstellen überhaupt sein können, d. h. kraft Delegation 
und kraft Polizeiverordnungsrechts!®, Das BZG. ist eine aus- 
  
  
168° Nur wer das Polizeiverordnungsrecht zur gesetzgebenden Gewalt 
rechnet, kann dem MBH. — abgesehen von Delegationen, die zugunsten 
der ja auf ihn übergegangenen vollziehenden Gewalt lauten — ein Stück 
Gesetzgebung zurechnen. Im Sinne der preuß. VU. und des BZG. rechnet 
es aber nicht dazu, da das Charakteristikum der ja den Gegensatz zur 
„vollziehenden Gewalt“ darstellenden „gesetzgebenden Gewalt“ eben das 
Zusammenwirken von Krone und Volksvertretung, also die reine Formal- 
erscheinung ist; hier aber hört die Kompetenz des MBH. auf. Eben des- 
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