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eigen macht, und die gerade zu der ausdehnenden Auslegung
des BZG. der Hauptanlaß gewesen sein dürfte. Bei uns gilt auch
in der belagerten Festung keine Willkür, sondern das BZG., und
es fragt sich nur, inwieweit die militärische Aktion den betroffe-
nen Einzelnen darüber hinaus rechtlos macht. Nun führen wir
den Krieg aber auch um geistige Güter und mit geistigen Waffen.
Deshalb war es vielleicht nicht unbedenklich, durch einfache
extensive Interpretation eines 65 Jahre alten Gesetzes dem Augen-
blick zu leben. Damit warf man die in jahrzehntelanger Arbeit
aufgebaute Bestandsgarantie des Gesetzes über den Haufen und
bestätigte so indirekt die Auffassung unserer Gegner, daß wir
gar kein öffentliches Recht haben; oder aber — vielleicht auch
gleichzeitig — bestätigte man, daß unsere gesamte Rechtsauf-
fassung seit zwei Menschenaltern mit der heutigen Auseinander-
setzung der Völker rechnete, daß wir also den Krieg systematisch
vorbereitet haben. Gewiß enthält die Vorstellung nichts furcht-
bares, daß man 1851 mit den heutigen Möglichkeiten gerechnet
hätte; das hat man aber eben nicht getan. Das BZG. trägt
deutlich die in der Verfassungsurkunde sich dokumentierende,
gerade erst endgültig errungene Auffassung zur Schau, daß jeder
Volksgenosse mit einem genauen Maß von Pflichten und Rechten
im Staat steht und keiner tatsächlichen Allgewalt mehr rechtlich
ausgeliefert ist, es sei denn kraft Gesetzes. Der MBH. ist nach
dem BZG. nicht mehr und nicht minder Gesetzgeber, als dies
Verwaltungsstellen überhaupt sein können, d. h. kraft Delegation
und kraft Polizeiverordnungsrechts!®, Das BZG. ist eine aus-
168° Nur wer das Polizeiverordnungsrecht zur gesetzgebenden Gewalt
rechnet, kann dem MBH. — abgesehen von Delegationen, die zugunsten
der ja auf ihn übergegangenen vollziehenden Gewalt lauten — ein Stück
Gesetzgebung zurechnen. Im Sinne der preuß. VU. und des BZG. rechnet
es aber nicht dazu, da das Charakteristikum der ja den Gegensatz zur
„vollziehenden Gewalt“ darstellenden „gesetzgebenden Gewalt“ eben das
Zusammenwirken von Krone und Volksvertretung, also die reine Formal-
erscheinung ist; hier aber hört die Kompetenz des MBH. auf. Eben des-
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