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Art. 8 Nr. 2 weit über das badische und preußische Gesetz hinaus
die Zuwiderhandlung gegen sämtliche präventiv-polizeilichen
Vorschriften unter Strafe. Von wem sie ausgehen und wann sie er-
lassen sind, bleibt ganz gleichgültig; einzig werden nicht geschützt
die wohlfahrtspolizeilichen Vorschriften. Irgend ein Zweifel ist hier
nicht möglich: der MBH. kann mit diesem Vorbehalt alle polizeilichen
Anordnungen treffen, die er für richtig hält, sofern sie nur in nor-
malen Zeiten von den Polizeibehörden ausgehen können; und was
er dergestalt anordnet, wird in gleicher Weise, wie alle präventiv-
polizeilichen (auch die nicht vom MBH. ausgehenden und von
früher her bestehenden) Vorschriften durch $ 8 Nr. 2 strafrecht-
lich geschützt. Kommt der MBH. damit, einschließlich seiner
Kompetenzerweiterung durch die kraft Gesetzes eintretende Ver-
fassungssuspension nicht durch, so bleiben eben als ultima ratio
Kriegsrecht und Standgericht.
Erst am 5. Nov. 1912 kam Bayern zu einem Kriegszustands-
gesetz, das am 6. Aug. 1914 einer Erweiterung unterworfen
wurde. Es bezieht sich aber nur auf den Fall des Kriegs oder
der Kriegsgefahr, nicht dagegen der inneren Unruhen, in welch’
letzterem Fall es bei dem alten Standrecht von 1813 bleibt ?”®,
Das Gesetz will lediglich „für den Fall eines Kriegs oder der
unmittelbar drohenden Kriegsgefahr die Gewähr für eine unge-
störte Durchführung der militärischen Maßnahmen bieten * 17” und
vermittelt zwischen dem preußischen und dem bisherigen bayrischen
Rechtszustand!®. Es treten nämlich als unmittelbare Wirkung
der nur dem König zustehenden K7.-Erklärung die in Art. 3 und 4
aufgeführten „strafrechtlichen Folgen ein; insoweit schließt sich
Bayern aufs engste an das preußische Recht an“ !”®. Eine mittel-
176 So ausdrücklich die Erklärungen des Ministers und des Referenten
in der K. d. A. (Sten. Ber. 6 498 ff.).
177 St.Min. v. THELEMANN a. a. O. 498.
178 Motive (Beil, 3 824 ff.) 824.
170 Motive 825; 826 wiederholen zu Art. 4 wörtlich die oben N. 101
wiedergegebene Begründung zum Gesetzentw. für Elsaß-Lothringen von
1892.