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Aber weil sich bei dieser Kompetenz des MBH. möglicher-
weise Unzuträglichkeiten ergeben können, sieht das Gesetz als
äußerste Möglichkeit die Ausschaltung der ordentlichen Gerichte
vor und deren Ersetzung durch die Standgerichte, und zwar wie
im BZG. auch für die Delikte aus Art. 4 Nr. 2. Es wird also
auch in Bayern nicht nur die Schlagfertigkeit erhöht, sondern
gleichzeitig — und zwar bezeichnenderweise wieder nur kraft
königlicher Anordnung — für diesen einzigenFall dem
MBH. die Möglichkeit einer Regierung contra und praeter legem
ermöglicht!", wenn und soweit ihm die Standgerichte folgen,
und das unbeschadet des Fehlens besonderer Vorschriften ver-
antwortlich bleibende Ministerium diesen Zustand gutheißt.
Was die Durchführung des Gesetzes anlangt, so wurden
gleichzeitig mit der Erklärung des KZ. am 31. Juli 1914 die
MBH. bezeichnet, und ihnen die Befugnisse der den Ministerien
nachgeordneten Stellen mit Ausnahme der richterlichen und der
verwaltungsgerichtlichen Tätigkeit übertragen; die bezeichneten
Staatsbehörden blieben in ihren Funktionen, wurden aber dem MBH.
nachgeordnet, indem ihnen (also den Regierungs- und Gemeindebe-
hörden) eine ausdrückliche Folgepflicht auferlegt wurde. Die MBH.
wurden also zwischen Ministerium und nachgeordneten Stellen
gestellt, sie sollten von vornherein nur diese Stellung hinter dem
Ministerium haßen, also sich — trotzdem sie für „persönlich ver-
antwortlich“ erklärt wurden — den Weisungen der Minister
fügen. Man darf wohl annehmen, daß es hierbei geblieben ist.
Nicht dagegen ist es geblieben bei den beschränkten Befugnissen der
MBH.; die Rechtsprechung des bayrischen Obersten Landesgerichts
war bemüht, eine möglichst große Uebereinstimmung mit dem
preußischen Rechtszustand herbeizuführen, d. h. so wie es diesen
190 Praktische Bedeutung gewann so die Aenderung vom 6. Aug. 1914,
die es ermöglichte, eine Zensur einzurichten (Fall Quippe). Umgekehrt
blieb der bayer. Bevölkerung die Beunruhigung durch die sog. Schutzhaft
bis auf einige seltene Ausnahmefälle erspart, was auch mit dieser Kompe-
tenzzuweisung zusammenhängt.