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durch die Brille der von der Rechtsprechung sanktionierten
Verwaltungspraxis sah. Daß materiell und formell ein gewal-
tiger Unterschied zwischen $ 9b BZG. und Art. 4 Nr. 2 bayr.
KZG. besteht, vielleicht sogar aus dem bayrischen Gesetz und
seiner Handhabung umgekehrt gewisse Schlüsse im Sinne der
Unriehtigkeit jener Praxis gezogen werden können !?!, scheint dem
bayrischen Ob. Landesgericht entgangen zu sein. Es hätte an
der Stelle, wo es sich in Gegensatz zum Reichsgericht gesetzt
hat, in der Frage der Tragweite eines Irrtums hinsichtlich der
verletzten Vorschrift, nur weiterschürfen sollen; denn die Ansicht
des Ob. Landesgerichts trifft zu für die vom König bei Erklärung
des KZ. erlassenen Vorschriften, die als echte Notverordnung,
also ein Stück Gesetzgebung, jeder richterlichen Nachprüfung über
die Gesetzmäßigkeit usw. entzogen sind, sodaß es nur noch
auf die Ordnungsmäßigkeit der Verkündung ankommt!®, Im
Gegensatz zu diesen königlichen Vorschriften untersteht dagegen
die Anordnung des MBH. der strafriehterlichen Nachprüfung
in demselben Umfang, wie dies für Preußen entwickelt wurde;
sie sind sowenig „Gesetze“, wie überhaupt Art. 4 Nr. 2 ein
„Blankogesetz“. Andernfalls sind sämtliche bayrische Ermächti-
gungsgesetze mit inhaltlicher Strafandrohung solche „Blanko-
gesetze*, und damit die dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften
als „Gesetze“ in demselben Umfang contra legem möglich und
121 Zu denken ist hier, außer an die genannte im bayr. Recht begründete
echte Ermächtigung des Art. 4 Nr. 2 im Gegensatz zu der Handhabung des
8 9b BZG., an die Unterstellung der „persönlich verantwortlichen“ MBH.
unter die Ministerien. Das BZG. ist als Rechtsschutzeinrichtung gedacht,
das bayr. KrZG. als formale Durchsetzungsmöglichkeit, wobei die Staats-
einheit in ganz anderer Weise gewahrt erscheint, als nach dem BZG,., usw.
192 Das ist der innere Grund dafür, daß diese Anordnung, weil es sich
um ein vorbehaltenes Landesgesetz handelt (JW. 1916 S. 501), mit Reichs-
gesetzen in Widerspruch treten kann, was die Rechtsprechung für alle
militärischen Anordnungen annimmt. Anscheinend soll auch Art. 10 Pol.-
StrGB. nicht für den MBH, gelten, d. h. das Gesetz keine Schranke für
ihn darstellen.