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dürfen der einheitlichen Zusammenfassung unserer vollen Wehr-
kraft, um erneuten Friedensbruch zu verhüten oder, wenn der
Haß unserer Gegner dieses Streben vereiteln sollte, erneute Fehde
siegreich zu bestehen.
Für die Heeresgestaltung in erster Linie bestimmend ist der
beiden Reichen gemeinsame Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht.
Ein großer und einfacher Gedanke, mit der modernen Auffassung
von Staat und Staatsbürgerpflicht notwendig gegeben und für die
beiden europäischen Zentralmächte gegenüber mißgünstigen oder
doch unzuverlässigen Nachbarn ein Gebot der Selbsterhaltung.
Die deutsche Reichsverfassung Art. 57 und die österreichisch-
ungarischen Wehrgesetze — österr. Ges. v. 11. 4. 1889 $ 1, v.
5. 7. 1912 $ 1, ebenso die entsprechenden ungarischen Gesetz-
artikel — legen jedem Untertan die persönlich zu erfüllende
Wehrpflicht auf.
In der Durchführung und Gliederung der Wehrpflicht aber
weisen beide Rechte mannigfache und zum Teil recht erhebliche
Verschiedenheiten auf. Die Verständigung unter den Bundes-
genossen muß bestrebt sein, die Vorzüge der beiderseitigen Ein-
richtungen unter Abstreifung ihrer Mängel zu verbinden, mag
dieses Ziel auch nur allmählich sich erreichen lassen. Eine von
jeder Voreingenommenheit freie Vergleichung der Heeresgesetze
In diesen grundlegenden Fragen ist Bedürfnis.
Mit dem Versuche, diese Arbeit zu leisten, erhalten meine
„Gedanken über die künftige Gestaltung der deutsch-österreichi--
schen Beziehungen“, im Frühjahr 1915 im Archiv für Öffentliches
Recht Bd. 34 8. 16 fg. zusammenfassend entwickelt, für das mili-
tärische Gebiet ihre nähere Bestimmung.
Die Erfahrungen des Krieges, den wir in treuer Bundesge-
nossenschaft mit Oesterreich-Ungarn jetzt durchfechten, werden
demnächst bei den Entwürfen zur Heereseinigung und zur Ver-
besserung der bestehenden Organisationen von ausschlaggebendem
Gewicht sein. Jetzt, noch mitten im Kampfe, wären solche Be-